Eine Frau steht entspannt mit einer Schüssel in der Küche.
Energiewissen

Was ist ein dynamischer Stromtarif?

Ab dem Jahr 2025 müssen alle Energielieferanten ihren Kund:innen dynamische Stromtarife anbieten. Für Verbraucher:innen in Deutschland wird der dynamische Stromtarif allerdings nicht verpflichtend. Wann lohnt sich ein Umstieg, und was müssen Sie sonst noch über die neue Regelung wissen? Wir klären die wichtigsten Fragen.

Die Bezeichnung „Cent pro Kilowattstunde“ kennen die meisten Verbraucher:innen aus ihrer jährlichen Stromabrechnung. Denn in dieser Einheit geben die Stromanbieter an, welchen Preis sie für den Strom veranschlagen, den man im Abrechnungszeitraum konkret verbraucht hat. In den meisten Tarifen wird dieser Preis bei Vertragsschluss festgelegt und hat über die gesamte Vertragsdauer hinweg Bestand. Anders beim dynamischen Stromtarif: Hier ändert sich der Preis mehrmals täglich.

Was ist ein dynamischer Stromtarif?

Dynamische Stromtarife setzen beim Arbeitspreis, einem der zwei Hauptbestandteile des Strompreises, an. Der Arbeitspreis richtet sich unmittelbar nach dem tatsächlichen Verbrauch eines Haushalts in Kilowattstunden. Er enthält neben Netz- und Messentgelten, Steuern und Umlagen auch die Kosten des Stromanbieters für die Energiebeschaffung (mehr dazu in unserem Artikel „Wie setzt sich Ihr Strompreis zusammen?“).

Bei einem dynamischen Stromtarif legen die Stromanbieter für diese Energiebeschaffungskosten nicht im Vorhinein einen Betrag fest, den sie pro Kilowattstunde abrechnen. Stattdessen koppeln sie diese spezielle Preiskomponente an den Börsenpreis, den sie für die Strombeschaffung an den Energiebörsen – wie EPEX Spot – bezahlen müssen. Diese Kopplung hat zur Folge, dass sich der Arbeitspreis für Strom parallel zu den Entwicklungen an der Börse mehrfach am Tag automatisiert verändert.

In der Day-Ahead-Auktion auf dem EPEX-Spotmarkt beispielsweise werden täglich die Preise für die 24 Stunden des Folgetages ermittelt. So gibt es im Verlauf eines Tages insgesamt 24 Energiepreise, die auch die Verbraucher:innen bereits am Vortag einsehen können. Durch solche Informationen über bevorstehende Preisentwicklungen können die Verbraucher:innen von den Preisschwankungen an der Börse profitieren, indem sie den Betrieb ihrer elektronischen Geräte wie Wasch- oder Spülmaschine, aber auch Wärmepumpen oder den Ladevorgang ihres E-Autos in Zeitfenster mit günstigen Strompreisen legen.

Eine junge Frau sitzt an einem Laptop in ihrem Wohnzimmer
Wer einen dynamischen Stromtarif abgeschlossen hat, kann am Vortag die stundengenauen Strompreise für den Folgetag einsehen und somit beispielsweise herausfinden, wann die günstigste Zeit ist, um die Waschmaschine anzustellen.

Unterschiede zwischen dynamischen und anderen variablen Stromtarifen

Dynamische Stromtarife sind eine Unterkategorie der variablen Stromtarife. Alle variablen Tarife haben gemeinsam, dass der Strompreis nicht fest, sondern flexibel ist.

So gibt es lastvariable Tarife, die beinhalten, dass der örtliche Netzbetreiber die Stromzufuhr für große Abnehmer wie Nachtspeicherheizungen, Elektroautos oder Wärmepumpen in bestimmten Zeitfenstern verringern kann. Im Gegenzug werden geringere Netzentgelte abgerechnet. Diese Tarife sind nur für steuerbare Verbrauchseinrichtungen mit eigenem Zähler verfügbar.

Hinzu kommen zeitvariable Tarife. In manchen von ihnen gelten für festgelegte Zeiten unterschiedliche Strompreise, zum Beispiel ein Strompreis für tagsüber und ein günstigerer Preis für Abende und Nächte. Unterschieden werden kann auch zwischen Preisen am Wochenende und an Wochentagen. Daneben gibt es zeitvariable Tarife, die sich an den Energiepreisen am Strommarkt orientieren und keine festen Zeitfenster vorsehen – hier besteht aber in der Regel ein zuvor festgelegter Preiskorridor, in dem sich der Preis bewegt, oder die Anbieter rechnen einen Mittelwert ab.

Die dynamischen Stromtarife hingegen sind ausschließlich an den Börsenpreis für Strom gekoppelt und können daher auch stärker nach oben oder nach unten schwanken.

Wer profitiert von dynamischen Stromtarifen?

Grundsätzlich bietet ein dynamischer Stromtarif vielen Haushalten die Möglichkeit, Kosten einzusparen. Besonders lohnenswert sind die dynamischen Tarife für Haushalte mit einem erhöhten Stromverbrauch, etwa durch eine Wärmepumpe, eine Klimaanlage oder ein Elektroauto. Wer den Betrieb oder Ladevorgang regelmäßig in ein günstiges Zeitfenster legt, kann über eine längere Zeitperiode hinweg deutlich Kosten einsparen.

 

Verbraucher:innen, die ihre Strom verbrauchenden Geräte zu festgelegten Zeiten nutzen, profitieren nicht so stark von einem dynamischen Stromtarif. Zumal der Strompreis in einem dynamischen Tarif durch die Kopplung an den Börsenstrompreis in Zeiten hoher Nachfrage auch nach oben klettern kann: Wer dann mit dem Laden des Elektroautos oder dem Betrieb der Wärmepumpe nicht warten kann, zahlt unter Umständen mehr.

Verbraucher:innen, die den Betrieb ihrer Haushaltsgeräte flexibel handhaben und den Betrieb einzelner Geräte sogar über Home-Energy-Management-Systeme (HEMS) von unterwegs aus oder automatisiert regeln können, können die Schwankungen beim Strompreis optimal für sich nutzen.

Verschiedene leuchtende Glühbirnen

Wann steigt und sinkt der Börsenstrompreis?

  • Die Preise an der Strombörse sind eher niedrig, wenn ein hohes Angebot an erzeugtem Strom einer geringen Nachfrage gegenübersteht – wenn zum Beispiel wetterbedingt viel Strom aus Windenergie- oder Photovoltaikanlagen zur Verfügung steht.
  • Die Preise an der Strombörse sind eher hoch, wenn viel Strom nachgefragt wird. Typischerweise ist dies am Morgen und am Abend der Fall, wenn die Menschen zu Hause sind und ihre Haushaltsgeräte nutzen.
  • Weitere Faktoren, die den Börsenstrompreis beeinflussen können, sind zum Beispiel das Klima, die Jahreszeit und die wirtschaftliche oder politische Lage.

Energiewende und Netzstabilität

Neben den Verbraucher:innen profitiert auch das Stromnetz, wenn viele Menschen dynamische Tarife nutzen. Für die Netzstabilität ist es wichtig, dass sich Stromangebot und -nachfrage die Waage halten. Die Netzbetreiber haben ein Interesse daran, Lastspitzen zu vermeiden – also Zeiten mit besonders hoher Nachfrage beziehungsweise besonders hohem Stromverbrauch im Netz.

 

Betreiben Verbraucher:innen mit einem dynamischen Stromtarif ihre Elektrogeräte, wenn die Nachfrage gering und der Preis günstiger ist, sorgt dies für eine Lastverschiebung beziehungsweise für eine gleichmäßigere Auslastung des Stromnetzes.

 

Vor dem Hintergrund der Energiewende in Deutschland wird ein solches Lastmanagement, wie man es im Kleinen auch aus dem Bereich der Elektromobilität kennt, immer wichtiger. Denn die Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind oder Sonne unterliegt größeren Schwankungen als die Stromproduktion im fossilen Zeitalter. Gleichzeitig kommen mit Wärmepumpen und Elektroautos immer mehr Stromabnehmer hinzu. Die Aufgabe, Stromangebot und -nachfrage in der Balance zu halten, wird also immer wichtiger und komplexer.

Mehr dazu erfahren Sie in unserem Artikel „Netzausbau: So wird unser Stromnetz fit für die Zukunft.

Gesetzgeber fördert die Verbreitung dynamischer Stromtarife

Dynamische Stromtarife werden in Zukunft ein immer wichtigerer Hebel, um Lastspitzen im Stromnetz zu vermeiden und Angebot und Nachfrage ausgleichen zu können. Sie schaffen genau dann Anreize zur Lastverschiebung, wenn es gerade nötig ist – tagesaktuell oder sogar stündlich. Das bietet nicht nur mehr Flexibilität für Stromkund:innen, um ihre Energiekosten zu optimieren, sondern kommt auch der Netzstabilität in Zeiten zunehmend volatiler Stromproduktion zugute.

Daher fördert der Gesetzgeber die Verbreitung von variablen und dynamischen Stromtarifen. Ab 2025 müssen alle Stromlieferanten entsprechende Tarife anbieten.

Voraussetzungen für die Nutzung eines dynamischen Stromtarifs

Voraussetzung für den Wechsel in einen dynamischen Stromtarif ist ein intelligentes Messsystem (iMSys). Ein intelligentes Messsystem besteht aus einem Zähler, der sogenannten modernen Messeinrichtung (mME), und einer Kommunikationseinheit, dem sogenannten Smart Meter Gateway (SMGW). Mehr zur Definition intelligenter Messsysteme lesen Sie in unserem Artikel „Smart Meter: Stromverbrauchsmessung wird intelligent“.

Nahaufnahme eines Smart Meters
Um von den Vorteilen eines dynamischen Stromtarifs profitieren zu können, muss ein Smart Meter im Haus verbaut sein.

Mit einem intelligenten Messsystem entfallen die manuelle Zählerablesung und die anschließende Meldung an den Netzbetreiber: Das Smart Meter Gateway fragt eigenständig die vom Zähler gemessenen Verbräuche ab und übermittelt sie, hochverschlüsselt zumeist über Mobilfunk, an den Messstellenbetreiber und von dort weiter an den Energielieferanten. Für einen dynamischen Stromtarif, der den Verbrauch mehrmals täglich mit dem aktuellen Börsenstrompreis abgleichen muss, ist eine solche automatisierte Verbrauchsübermittlung unerlässlich.

Wer sich für einen dynamischen Stromtarif interessiert und noch kein intelligentes Messsystem im eigenen Haushalt hat, kann sich eines durch den Energielieferanten oder den Messstellenbetreiber einbauen lassen. Die Preise für ein solches Gerät sind ab 2025 auf 20 Euro pro Jahr gedeckelt.

Ab wann sind dynamische Stromtarife verpflichtend?

Ab Januar 2025 müssen alle Energieanbieter einen dynamischen Stromtarif anbieten. Verbraucher:innen können allerdings weiterhin selbst entscheiden, ob sie einen dynamischen Stromtarif nutzen möchten oder nicht. Viele Stromanbieter bieten schon heute einen dynamischen Stromtarif an.

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4. Juni 2024
Erneuerbare Energien
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Text: Lea Weitekamp, Foto: Getty Images

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