Moderne Häuserfronten mit Vorgärten davor
Energetische Sanierung

Was ist serielles Sanieren, und wie funktioniert es?

Etwa die Hälfte aller Häuser in Deutschland könnte durch serielle Sanierung viel schneller klimaneutral werden, als wenn jedes Haus einzeln saniert wird. Das zeigt ein neues Impulspapier der Denkfabrik Agora Energiewende. Doch wie funktioniert die Sanierungspraxis genau, welche Vorteile bietet sie, und welche Fördermittel gibt es dafür? Alles Wichtige im Überblick.

Was ist serielles Sanieren?

Serielle Sanierung ist eine standardisierte Vorgehensweise zur energetischen Sanierung mehrerer Gebäude, die sich durch gleiche oder ähnliche Baumerkmale auszeichnen. Diese Methode ermöglicht es, Sanierungsmaßnahmen wie Dämmung, Heizungstausch oder Fenstererneuerung effizient und kostengünstig in Serie durchzuführen.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Sanierungsmethoden, bei denen Handwerker einzelne Fassaden- oder Dachmodule vor Ort auf der Baustelle sanieren, werden beim seriellen Sanieren die einzelnen Bauteile abseits der Baustelle in einer Fabrik zu größeren Fassaden- und Dachelementen, optional sogar einschließlich ihrer Anlagentechnik (etwa Wärmepumpen), vorgefertigt. Diese Vorgehensweise reduziert die Bauzeit erheblich, da die meiste Arbeit abseits der Baustelle erledigt wird und vor Ort nur noch die Montage der vorgefertigten Elemente erfolgt. So ermöglicht serielles Sanieren eine schnelle und kosteneffiziente Modernisierung von Gebäuden, was besonders bei der Sanierung von Mehrfamilienhäusern oder ganzen Wohnsiedlungen von Vorteil ist.

Vorgefertigte Fassadenelemente aus Beton stehen nebeneinander auf einer Baustelle
Beim seriellen Sanieren werden die einzelnen Bauteile abseits der Baustelle zu größeren Fassaden- und Dachelementen vorgefertigt.

Wie funktioniert serielles Sanieren?

Die ersten Schritte einer seriellen Sanierung erfordern einen Präsenztermin am Objekt, bei dem von innen und außen sehr präzise das digitale Aufmaß genommen wird. So werden spätere Planungsfehler vermieden. Dies ermöglichen moderne Messtechniken wie 3-D-Laserscanner und Drohnen. Auf Basis dieser Daten werden die Sanierungsprojekte dann ebenfalls digital geplant. Dabei kommt das sogenannte Building Information Modeling (BIM) – auf Deutsch „Gebäudedatenmodellierung“ – zum Einsatz. Diese Software erlaubt es, sämtliche Daten zu einem Gebäude zu sammeln, die für zukünftige Sanierungen ähnlicher Bauwerke wiederverwendet werden können.

Im nächsten Schritt folgt eine sorgfältige und umfassende Planungsphase. Dabei werden die passenden Details ausgearbeitet und gelöst, damit nachher auf der Baustelle alles passt. Erst im Anschluss werden die einzelnen Module, etwa Fassaden- und Dachelemente, teilautomatisiert erstellt. Sie werden später vor Ort binnen weniger Tage montiert werden können. Voraussetzung dafür ist, dass die alten Bauteile vorher entfernt und Halterungen für die neuen Module angebracht wurden. Von Vorteil ist es, wenn zuvor der Dachstuhl freigelegt wurde, damit die neuen Elemente per Kran eingesetzt werden können.

Welche Vorteile bietet serielles Sanieren?

  • Kosteneffizienz: Durch eine kluge Kombinierung von Fördermitteln und Sanierungstiefe ermöglicht serielles Sanieren eine kosteneffizientere energetische Sanierung von Gebäuden, was sowohl Eigentümer:innen als auch Mieter:innen finanziell zugutekommt.
  • Digitalisierung und Automatisierung: Dank fortschrittlicher Technologien profitieren durch serielle Sanierungen auch Regionen mit Fachkräftemangel.
  • Schnelligkeit: Standardisierte digitalisierte Prozesse und ein hoher Vorfertigungsgrad können die Arbeiten auf der Baustelle stark verkürzen.
  • Senkung der Verbrauchskosten: Hohe Sanierungsstandards führen zu niedrigeren Verbrauchskosten, bieten verlässliche Warmmieten und entlasten Vermieter:innen von anteiligen CO2-Abgaben.

Effizienzhaus, Niedrigenergiehaus, Plusenergiehaus oder Passivhaus? Details und weitere Informationen zu diesen Gebäudetypen finden Sie in unserem Artikel „Wohnen“ aus der Serie „Klimaschutz im Alltag“.

Welche Boni und Fördermittel kann man für serielles Sanieren beantragen?

Sowohl Privateigentümer:innen und Wohnungsbaugesellschaften als auch Unternehmen, Genossenschaften und Kommunen können für serielle Sanierungsmaßnahmen verschiedene Fördermittel beantragen:

150.000
Euro
können Immobilienbesitzer:innen, die ein Mehrfamilienhaus oder eine Reihe baugleicher Wohngebäude sanieren möchten, bei der KfW maximal beantragen.
  • KfW-Kredit: Wohnungsbaugesellschaften oder Privateigentümer:innen, die ein Mehrfamilienhaus oder eine Reihe baugleicher Wohngebäude sanieren möchten, können einen Wohngebäudekredit von bis zu 150.000 Euro bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beantragen. Wird im Rahmen der seriellen Sanierung die Effizienzhausstufe 40 oder 55 erreicht, kann zusätzlich ein Bonus in Höhe von 15 Prozent der Gesamtinvestitionssumme als Tilgungszuschuss oder direkt ausgezahlter Zuschuss gutgeschrieben werden. Auch Kommunen, die Wohngebäude seriell sanieren lassen, haben Anspruch auf einen Kredit inklusive Tilgungszuschuss. Für mehr Infos hier klicken.
  • Klimaschutzregion Hannover: Das Projekt „Serielles Sanieren“ der Klimaschutzregion Hannover ist eine Anlaufstelle für verschiedenste Akteure im Bereich der Gebäudesanierung im Raum Hannover. Neben einer kostenlosen Portfolioanalyse bietet das Projekt Unterstützung bei der Planung konkreter Sanierungsmaßnahmen und der Beantragung von Fördermitteln. Darüber hinaus fördert die Klimaschutzregion die Vernetzung zwischen regionalen und nationalen Akteuren aus der Wohnungswirtschaft und dem Baugewerbe. Zusätzlich werden Workshops, Arbeitsgruppen und Webinare angeboten, um das eigene Wissen rund um serielle Sanierung zu vertiefen.

Gut zu wissen: Die Region Hannover ist nach Nordrhein-Westfalen die zweite deutsche Region, die das serielle Sanieren im Auftrag der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) vorantreiben soll. Auch der enercity-Fonds proKlima ist an dem Projekt zum seriellen Sanieren beteiligt und unterstützt dieses gemeinsam mit weiteren Regionalpartnern. Mehr Infos zu dem Projekt finden Sie auf der Website der Klimaschutzregion Hannover.

Fördermöglichkeiten durch den enercity-Fonds proKlima

Ob Einzelvorhaben oder serielle Sanierung: Der enercity-Fonds proKlima fördert energetische Sanierungen vom Fenstertausch bis zur kompletten Erneuerung der Gebäudehülle inklusive nachhaltiger Dämmung und Einbau einer Wärmepumpe. Gut zu wissen: Bei gleichzeitiger Umsetzung von förderfähigen Maßnahmen an der Gebäudehülle und dem Einbau einer Wärmepumpe ist ein Förderbonus von 15 Euro pro Quadratmeter Bauteilfläche möglich.

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Weitere Fragen zum seriellen Sanieren beantworten wir in unseren FAQs:


Wie lange dauert serielles Sanieren?

Im Vergleich zur herkömmlichen Sanierung ist das serielle Sanieren auf der Baustelle deutlich zeitsparender. Laut dem Anbieter Ecoworks dauert die Montage etwa drei bis vier Wochen, während ein konventionelles Vorgehen zwei- bis dreimal so lange benötigt. Dadurch könne die Gesamtprojektdauer unter optimalen Bedingungen auf acht bis zwölf Wochen reduziert werden. Wie Agora Energiewende herausstellt, könne bei wiederholter Durchführung außerdem die Planungsphase stetig optimiert und verkürzt werden.



Was kostet serielles Sanieren?

Eine Untersuchung des Umweltbundesamtes zeigt, dass serielle Sanierungen im Vergleich zu herkömmlichen Sanierungsprojekten in den Niederlanden durchschnittlich zehn bis 30 Prozent günstiger sind. Mit wiederholter Durchführung und fortschreitender Prozessoptimierung ist zu erwarten, dass serielle Sanierungen auch in Deutschland Einsparpotenzial bieten. Durch eine kluge Kombination von Fördermöglichkeiten bei Sanierung auf ein hohes Effizienzniveau lassen sich Kosten einsparen. Falls die Immobilie Möglichkeiten zur Aufstockung bietet, kann zusätzlich kostengünstig neuer Wohnraum zur Verfügung gestellt werden. Zum Vergleich: 2010 kostete die serielle Sanierung einer durchschnittlichen Wohneinheit in den Niederlanden etwa 120.000 Euro, 2019 schlug ein ähnliches Sanierungsprojekt nur noch mit 70.000 Euro zu Buche.



Was ist das „Energiesprong“-Prinzip?

Die serielle Sanierung wird häufig mit dem „Energiesprong“-Konzept (niederländisches Wort für „Energiesprung“) gleichgesetzt. Das Modell wurde 2013 in den Niederlanden entwickelt und beinhaltet die energetische Sanierung von Gebäuden sowie den Einsatz erneuerbarer Energien, um den sogenannten „Net-Zero-Standard“ (entspricht dem Nullenergiehaus) zu erreichen. Das „Energiesprong“-Prinzip zahlt auf die EU-Sanierungspflicht ein und ist das am häufigsten verwendete Modell serieller Sanierung. Allerdings gibt es auch Modelle mit weniger umfassenden seriellen Sanierungsmaßnahmen.



Welche Anbieter für serielles Sanieren gibt es?

In Deutschland gibt es mittlerweile viele Anbieter, die serielle Sanierungen nach dem „Energiesprong“-Prinzip durchführen. Eine Übersicht aller Unternehmen bietet die Deutsche Energie-Agentur (dena).



Wird serielles Sanieren gefördert?

Die Förderung durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) für serielles Sanieren kann zurzeit nicht beantragt werden. Es gibt aber einen KfW-Kredit mit Zuschuss, den sogenannten „Bonus Serielles Sanieren“ für die Sanierung zum Effizienzhaus. Der Bonus beträgt 15 Prozent der Kosten, die in die Sanierung investiert wurden, und wird als Tilgungszuschuss oder direkt ausgezahlter Zuschuss gutgeschrieben.

Hier erhalten Sie weitere Infos zu den Förderprogrammen für energetische Sanierung.



Wo liegt der Unterschied zwischen Sanieren und Renovieren?

Sanieren bezieht sich auf Maßnahmen, die die Substanz und den Wert eines Gebäudes verbessern, oft durch energetische Optimierungen wie Dämmung oder Heizungserneuerung. Renovieren hingegen umfasst kosmetische Verbesserungen wie Malerarbeiten oder Bodenverlegung, die das Erscheinungsbild auffrischen, aber nicht unbedingt die Bausubstanz verändern.


25. September 2024
Klimaschutz

Text: Sophie Makkus. Fotos: Getty Images.

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