Das Bild zeigt ein Wasserkraftwerk.
Wasserkraft

Wie funktionieren Wasserkraftwerke?

Wasserkraft ist ein zentraler Bestandteil der nachhaltigen Energiegewinnung. Doch wie funktionieren Wasserkraftwerke? Hier werden die wichtigsten unterschiedlichen Typen – Laufwasserkraftwerke, Speicherwasserkraftwerke, Pumpspeicherkraftwerke – verständlich erklärt.

Der Mensch nutzt die Kraft des Wassers bereits seit mehr als 5000 Jahren. Erst, um mit dem Wasserdruck eines Flusses Mühlsteine anzutreiben, und später, um mit Erfindungen wie der archimedischen Schraube, mit deren Hilfe sich Wasser auf ein höheres Niveau transportieren lässt, Felder besser bewässern zu können. Heute wird die Wasserkraft vornehmlich zur Energieerzeugung genutzt – und deckt derzeit mehr als 16 Prozent des weltweiten Strombedarfs.

Die Funktion eines Wasserkraftwerks ist leicht erklärt: Sogenannte fluidmechanische Energie, also die Energie des fließenden Wassers, treibt in Wasserkraftanlagen Turbinen an. Dadurch entsteht Rotationsenergie. Diese Rotationsenergie ist es, aus der Generatoren schließlich elektrischen Strom gewinnen.

Wasserkraft: Stromerzeugung mit hohem Wirkungsgrad

Wie bei jeder Form der Stromerzeugung lässt sich die vorhandene Energie nicht vollständig in Strom transformieren. Verluste, etwa durch Turbulenzen oder Reibung, entweichen bei einem Wasserkraftwerk meist in Form von Wärme oder Schall. Und dennoch: Die Funktionsweise eines Wasserkraftwerks ist sehr effizient. Der Wirkungsgrad von Wasserkraftanlagen liegt bei bis zu 85 Prozent und damit deutlich höher als der anderer Kraftwerkstypen. Zum Vergleich: Der Wirkungsgrad von Windenergieanlagen erreicht dem Bundesverband Windenergie (BEW) zufolge gut 50 Prozent, Kraftwerke auf fossiler Basis kommen laut Umweltbundesamt im Schnitt nur auf 45 Prozent Wirkungsgrad.

7300
Wasserkraftanlagen
gibt es in Deutschland. Zusammen verfügen sie über eine installierte Leistung von etwa 5600 Megawatt (MW).

Laut des Bundesverbandes Deutscher Wasserkraftwerke (BDW) gibt es in Deutschland rund 7300 Wasserkraftanlagen, die zusammen über eine installierte Leistung von etwa 5600 Megawatt (MW) verfügen. Bei 6900 dieser Anlagen handelt es sich um sogenannte Kleinwasserkraftanlagen mit einer installierten Leistung von unter einem Megawatt. Es sind somit die restlichen 400 Wasserkraftwerke, die das Gros der hierzulande genutzten Wasserkraft erzeugen.

Wegen ihrer unterschiedlichen Betriebsweisen unterscheidet man bei Wasserkraftwerken zwischen Laufwasserkraftwerken und Speicherwasserkraftwerken. Während Laufwasserkraftwerke meist an fließenden Gewässern wie Flüssen oder Kanälen zu finden sind, werden Speicherwasserkraftwerke beispielsweise an Stauseen oder an Talsperren eingesetzt. In anderen Ländern der Welt kommen zudem Gezeiten- und Wellenkraftwerke zum Einsatz. Wie diese Kraftwerke funktionieren und welchen Anteil die Wasserkraft an der globalen Energieerzeugung hat, lesen Sie hier.

Wie funktioniert ein Laufwasserkraftwerk?

Laufwasserkraftwerke nutzen die natürliche Strömung eines Flusses, um einen Widerstand in Bewegung zu bringen. Früher wurden durch die Wasserkraft Mühlenräder angetrieben, heute sind es Turbinen. Ein Generator transformiert dabei die Energie der Drehbewegung zu Elektrizität.

Wie viel Strom durch ein Laufwasserkraftwerk gewonnen werden kann, hängt unter anderem mit der Wassermasse des Flusses, aber auch mit der Fallhöhe des Wassers zusammen. Um diese zu steigern, wird ein Fluss in der Regel mithilfe einer Wehranlage angestaut. Flusswasser trifft auf das Wehr und spült mit Druck durch offene Schächte, wo es schließlich Turbinen antreibt.

Der Höhenunterschied zwischen zwei Seiten einer Wehranlage wirkt sich direkt auf den Wirkungsgrad des Wasserkraftwerks aus. Es gilt die Faustregel: Je größer der Unterschied, desto höher ist der Wirkungsgrad.

Unter Aspekten des Umweltschutzes werden Laufwasserkraftwerke heutzutage häufig mit Fischtreppen ausgestattet, sodass sie die Tiere auf ihren Wegen flussaufwärts oder -abwärts nicht behindern.

Infografik Wasserkraftwerk
Schematische Darstellung der Funktionsweise eines Laufwasserkraftwerks am Beispiel des enercity Wasserkraftwerks Herrenhausen.

Wie funktioniert ein Speicherwasserkraftwerk?

Eine Staumauer oder ein Staudamm hilft, das Wasser eines Flusses oder Kanals in großen Mengen zu sammeln. Oft reichen die Wassermengen eines einzigen Flusses nicht aus, um einen Stausee vollständig zu fluten. Dann werden Stollen errichtet, um zusätzliches Wasser von Flüssen in der Umgebung in das Sammelbecken zu leiten.

Wird Elektrizität benötigt, öffnen sich die Schleusen des Stausees, und Wasser wird durch Rohrleitungen oder Stollen aus dem Staubecken in das Maschinenhaus geleitet. Weil das Maschinenhaus erheblich tiefer liegt als die Oberfläche des angestauten Sees, beträgt der Wasserdruck bis zu 200 bar, wenn er auf die Turbine trifft. Genau wie bei einem Laufwasserkraftwerk treibt diese einen Generator an. Der erzeugte Strom wird ins Netz eingespeist.

Die Reise des Wassers geht danach oft noch weiter: Dann wird es hinter dem Maschinenhaus erneut gesammelt, im sogenannten Unterbecken. Unterbecken sind meistens kleinere Stauseen, die mithilfe eigener Speicherwasserkraftwerke weiteren Strom aus Wasserkraft erzeugen.

Infografik Funktionsweise Speicherwasserkraftwerk
Schematische Darstellung der Funktionsweise eines Speicherwasserkraftwerks.

Pumpspeicherkraftwerk: Eine besondere Form des Speicherwasserkraftwerks

Anders als übliche Speicherwasserkraftwerke benötigt ein Pumpspeicherkraftwerk keinen natürlichen Zulauf wie einen Fluss. Der zugrunde liegende Aufbau ist allerdings vergleichbar: Jedes Pumpspeicherkraftwerk besitzt ein Ober- und ein Unterbecken, beide sind durch Druckrohre miteinander verbunden. Wird Strom benötigt, leitet das Druckrohrsystem Wasser aus dem Oberbecken ins Maschinenhaus.

Vom Unterbecken aus wird das Wasser zurück ins Oberbecken gepumpt. Dieser Vorgang verbraucht allerdings zusätzlichen Strom. Daher sind Pumpspeicherkraftwerke zumeist an Kraftwerke wie Solar- oder Windkraftanlagen gekoppelt: Deren Stromertrag ist oftmals nicht planbar, muss aber nach der Erzeugung direkt verbraucht werden. Steht also gerade überschüssiger Strom aus Sonnen- oder Windenergie zur Verfügung, können Pumpspeicherkraftwerke diesen nutzen, um Wasser zurück ins Oberbecken zu pumpen. Das Wasser im Oberbecken wird so erneut zur Stromreserve.

Im Wasserkraft-Vorzeigeland Norwegen werden zahlreiche Pumpspeicherkraftwerke betrieben, einige davon seit Neuestem sogar mit Strom aus deutschen Windkraftanlagen. Möglich macht dies das Nordseekabel NordLink, das seit April 2021 das deutsche mit dem norwegischen Stromnetz verbindet. Je nach Wetterlage wird auf diesem Wege überschüssiger grüner Strom aus deutschen Windenergieanlagen nach Norwegen oder überschüssiger Strom aus Wasserkraft aus dem skandinavischen Land ins deutsche Netz transportiert. Weitere Infos dazu finden Sie in unserem Artikel „NordLink: Direkter Draht zu gigantischem Ökostrom-Akku“.

Pumpspeicherkraftwerke sind Top-Energiespeicher

Der Wirkungsgrad eines Pumpspeicherkraftwerks liegt zwischen 75 und 85 Prozent. Das heißt: Von der ursprünglichen Energie der für seine Betreibung notwendigen Sonnen- oder Windkraft macht ein Pumpspeicherkraftwerk 75 bis 85 Prozent wieder als elektrische Energie nutzbar. Damit sind sie das derzeit effizienteste Mittel, elektrische Energie in großem Umfang für die spätere Nutzung zu speichern.

20. Januar 2022
Klimaschutz
Ökostrom

Text: Manuel Stark. Foto: Getty Images. Illustrationen: Thomas Kappes.

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