Welche Rolle spielt LNG in der Gasversorgung?
Was ist LNG?
LNG ist tiefkalt verflüssigtes, stark komprimiertes Erdgas. Es wird bei Temperaturen von minus 162 Grad Celsius auf sechs Hundertstel seines ursprünglichen Volumens zusammengepresst. Die Abkürzung steht für „Liquefied Natural Gas“. Auf Deutsch wird es auch als „Flüssigerdgas“ bezeichnet. LNG hat nichts mit LPG (Autogas) zu tun, das umgangssprachlich oft ebenfalls Flüssiggas genannt wird.
Was sind die Vorteile von LNG gegenüber Erdgas?
Das geringe Volumen ermöglicht es, große Mengen LNG in Tankschiffen zu transportieren. Das macht klassische Pipelines überflüssig und erweitert die Importmöglichkeiten. Weltweit sind etwa 500 LNG-Tanker im Einsatz, die jeweils zwischen 120.000 und 245.000 Kubikmeter LNG transportieren können; der größte Tanker verfügt über eine Kapazität von 266.000 Kubikmetern.
Zur Einordnung: 150.000 Kubikmeter LNG haben einen Brennwert von 0,92 Terawattstunden (TWh), im Jahr 2022 wurden in Deutschland 866 TWh Erdgas verbraucht. Um den gesamten Gasverbrauch von Deutschland im Jahr 2022 abzudecken, hätte man also „nur“ rund 950 Tankerladungen LNG benötigt.
Wie funktionieren LNG-Terminals?
Erdgas zu verflüssigen ist ein komplexer Vorgang. Ebenso die spätere Rückumwandlung in den gasförmigen Zustand (Regasifizierung), um das Gas in Hochdrucknetze einspeisen zu können. Dafür werden LNG-Terminals benötigt. Diese existieren auch in Form schwimmender Anlagen, die als Floating Storage and Regasification Units (FSRU) bezeichnet werden. Sie regasifizieren das Flüssiggas an Bord und transportieren es zu einem Leitungsanschluss an Land. Im Vergleich zu landseitigen Terminals können FSRUs schneller und günstiger gebaut und flexibler eingesetzt werden.
Wie viele LNG-Terminals gibt es in Deutschland?
Derzeit sind drei FSRUs in Betrieb: in Wilhelmshaven, Lubmin und Brunsbüttel. Ende 2023 sollen fünf weitere FSRUs ihre Arbeit aufgenommen haben – jeweils eine zweite Anlage in Wilhelmshaven und Lubmin, eine neue in Stade sowie zwei neue vor dem Hafen Mukran auf Rügen. Ab 2026 beziehungsweise 2027 sollen in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Stade stationäre Anlagen die Schiffe ersetzen.
Was ist das LNG-Beschleunigungsgesetz?
Ermöglicht wurde die Einrichtung der LNG-Terminals durch das LNG-Beschleunigungsgesetz, das die Bundesregierung nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine erließ, um die Versorgung mit Gas in Deutschland sicherzustellen. Das Gesetz ermöglicht es, LNG-Terminals schneller zu errichten als zuvor, unter anderem durch eine erleichterte Umweltverträglichkeitsprüfung. Am 7. Juli 2023 hat die Bundesregierung Änderungen an dem Gesetz beschlossen, die nach und nach seit dem 15. Juli 2023 in Kraft treten. Darin werden unter anderem langfristige Regeln für stationäre LNG-Terminals und der Bau der Terminals vor Rügen festgeschrieben.
Wer sind die größten LNG-Importeure?
Zu den Ländern, die LNG im großen Stil nutzen, gehören Japan, Südkorea und Taiwan. Aber auch die EU deckt bereits 20 Prozent ihres Gasbedarfs mit LNG ab. Das erste europäische Terminal nahm 2016 in Portugal die Arbeit auf. Im Jahr 2021 importierten 13 EU-Staaten zusammen 80 Milliarden Kubikmeter LNG, allen voran Spanien, Frankreich, Italien, die Niederlande und Belgien. Aufgrund der Energiekrise stiegen die LNG-Importe in die EU 2022 auf 132 Milliarden Kubikmeter.
Wer sind die größten LNG-Exporteure?
Die drei größten Hersteller von LNG waren im Jahr 2022 Katar (79,04 Millionen Tonnen), Australien (78,5 Millionen Tonnen) und die USA (75,44 Millionen Tonnen). Mit deutlichem Abstand folgten Malaysia (27,6 Millionen Tonnen), Russland (20,75 Millionen Tonnen), Nigeria (14,22 Millionen Tonnen) und Indonesien (14 Millionen Tonnen).
Warum gibt es Kritik an den LNG-Terminals?
Bei allen Vorteilen, die LNG gegenüber herkömmlichem Erdgas bietet, handelt es sich bei dem flüssigen Gas dennoch um einen fossilen Rohstoff. Umweltschützer:innen mahnen, dass der Ausbau der LNG-Infrastruktur nicht zu verringerten Investitionen in den Ausbau erneuerbarer Energien führen dürfe. Zudem würden die derzeit geplanten Kapazitäten den künftigen Bedarf deutlich überschreiten. Kritik gibt es aus diesem Grund insbesondere an den geplanten Terminals vor Mukran.
Eine klimaschonende Möglichkeit, die deutschen Gasreserven zu erweitern, ist Biogas, das bei der Zersetzung organischer Materialien entsteht. Deutschlandweit gibt es rund 10.000 Biogasanlagen, von denen 230 an das Gasnetz angeschlossen sind, um Biomethan einzuspeisen. Im Jahr 2021 ließ sich dabei nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) so immerhin ein Prozent des Gasverbrauchs in Deutschland abdecken. Nach Einschätzung von Expert:innen ließe sich dieser Wert bis 2030 verzehnfachen.
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