Offshore-Windkraftanlagen
Neue Energie-Autobahn durch die Nordsee

NeuConnect verbindet deutsches und englisches Stromnetz

Die unterseeische Leitung NeuConnect soll ab 2028 eine unsichtbare „Energie-Autobahn“ zwischen Deutschland und Großbritannien bilden und dazu dienen, überschüssig produzierten Windstrom auszutauschen. Produziert etwa Deutschland künftig besonders viel Windstrom, wird der überschüssige grüne Strom per Seekabel nach England transportiert; herrscht in Deutschland hingegen Flaute, leitet das Kabel den Windstrom aus England ins deutsche Netz. Dadurch wird NeuConnect auch zur Dekarbonisierung der Stromerzeugung beider Länder beitragen.

Ende Mai 2024 war es so weit: Mit dem symbolischen Spatenstich von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck begannen die Bauarbeiten für die erste direkte Stromleitung zwischen Großbritannien und Deutschland. In Wilhelmshaven anwesend waren auch Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD), der britische Staatsminister für Handelspolitik Gregory Hands sowie Julia Prescot, die Vorsitzende der Projektgesellschaft NeuConnect.

Offshore Windkraftanlagen in der Nordsee hinter einer Sandbank
Über ein Seekabel kann durch die Nordsee Windenergie aus On- und Offshore-Anlagen transportiert werden.

Was ist NeuConnect?

NeuConnect ist eine unterseeische Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitung (kurz HGÜ-Leitung). HGÜ-Leitungen können große Strommengen über mehrere 100 Kilometer weit transportieren – und zwar mit wesentlich geringeren Übertragungsverlusten als Wechselstromleitungen.

Im Artikel „Netzausbau: So wird unser Stromnetz fit für die Zukunft“ werden die Vorteile von HGÜ-Leitungen und die Nachteile von langen Wechselstrom-Übertragungsleitungen erklärt.

Das Seekabel, das bis 2028 fertiggestellt werden soll, wird die erste direkte Stromverbindung zwischen Deutschland und Großbritannien darstellen und zwei der größten Energiemärkte Europas verbinden. Derartige länderübergreifende HGÜ-Leitungen werden auch Interkonnektoren genannt.

NeuConnect wird bei Weitem nicht die erste europäische Verbindung dieser Art bilden. Bereits seit 1994 sind etwa die Stromnetze Schwedens und Deutschlands durch das Seekabel „Baltic Cable“, seit 2007 die Netze Norwegens und der Niederlande durch das Seekabel „NorNed“ und seit 2011 die Stromnetze Großbritanniens und der Niederlande durch das Seekabel „BritNed“ verbunden. Seit 2021 wiederum verbindet das Nordseekabel „NordLink“ das deutsche mit dem norwegischen Stromnetz.

Die Grafik zeigt den Verlauf des NeuConnect Seekabels zwischen Kent in Großbritannien und Wilhelmshaven in Deutschland

Wie lang ist NeuConnect, und wie teuer ist seine Errichtung?

Der Interkonnektor wird eine Länge von insgesamt 725 Kilometer haben und zwischen Wilhelmshaven und der Isle of Grain in der britischen Grafschaft Kent verlaufen. Um ihn an das Stromnetz anzuschließen, wird im niedersächsischen Fedderwarden nahe Wilhelmshaven und auf der britischen Isle of Grain an der Mündung der Themse je ein neues Umspannwerk gebaut, das den aus erneuerbarer Energie gewonnenen Gleichstrom in Wechselstrom, der in beiden Stromnetzen verwertbar ist, umspannen kann.

725
Kilometer
Länge wird das Seekabel insgesamt haben.

706 der insgesamt 725 Leitungskilometer werden im oder unter dem Meer verlaufen – größtenteils wird das HGÜ-Seekabel in Gräben im Meeresboden verlegt. Wenn dies an bestimmten Streckenabschnitten nicht möglich ist, wird es mit alternativen Schutzsystemen gesichert auf dem Meeresboden liegend verlegt. Das Seekabel durchquert dabei britische, niederländische und deutsche Gewässer. Die Kabel zu den an Land stehenden Umspannwerken werden unterirdisch verlegt.

Die Grafik zeigt wie der NeuConnect Interkonnektor zwischen Deutschland und Großbritannien funktioniert

Das Projekt wird zu 100 Prozent privat finanziert und rund 2,8 Milliarden Euro kosten. Hauptinvestor ist ein internationales Konsortium, zu dem neben globalen Investoren auch einige der weltweit größten Banken und Finanzinstitute zählen.

Welche Kapazität hat NeuConnect?

Die unsichtbare „Energie-Autobahn“ zwischen Deutschland und Großbritannien ermöglicht es, bis zu 1,4 Gigawatt (GW) Strom in beide Richtungen zu transportieren und während ihrer 25-jährigen Laufzeit bis zu 1,5 Millionen Haushalte mit Energie zu versorgen.

Inwiefern trägt NeuConnect zu einer größeren Netzresilienz und Versorgungssicherheit in Deutschland und Großbritannien bei?

Wie oben erwähnt gehört das Projekt zu einer ganzen Reihe von HGÜ-Leitungen, die bereits zwischen europäischen Ländern entstanden sind oder noch entstehen sollen. Die Interkonnektoren sollen einerseits die Versorgungssicherheit stärken und andererseits den Ausbau der erneuerbaren Energien – insbesondere der Windkraft – zur Stromerzeugung fördern. Denn bislang sind Windenergieanlagen meist nur an das Stromnetz des Landes angeschlossen, in dessen Hoheitsgebiet sie liegen. Interkonnektoren können Strommärkte länderübergreifend verbinden, was nicht nur den Energiehandel erleichtert, sondern es den Staaten auch ermöglicht, je nach Bedarf von Windkraftanlagen „zu viel“ produzierten Strom untereinander hin- und herzuschicken. Erneuerbare-Energien-Anlage müssen also nicht mehr abgeschaltet werden, wenn zu viel Strom für das eigene Netz erzeugt wird.

Fördert NeuConnect die Nachhaltigkeit des deutschen und britischen Energiesektors?

Den Angaben der Betreiber zufolge wird der NeuConnect-Interkonnektor eine Netto-Reduzierung der Kohlenstoffemissionen von mehr als 13 Millionen Tonnen CO2 über 25 Jahre bewirken, indem er die Integration erneuerbarer Energien in Deutschland und Großbritannien fördert. So leistet NeuConnect einen wesentlichen Beitrag zur Dekarbonisierung der Stromerzeugung und zum Gelingen der Energiewende.

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15. August 2024
Erneuerbare Energien
Klimaschutz
Ökostrom

Text: Elena Rudolph. Fotos: GettyImages.

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