Alle Infos zur Kraftwerksstrategie der Bundesregierung
Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral sein – so sieht es das Bundes-Klimaschutzgesetz vor. Konkret bedeutet dies ein Gleichgewicht zwischen Treibhausgasemissionen und deren Abbau. Da die Stromerzeugung dabei eine entscheidende Rolle spielt, wird über sie seit Jahren in der Bundesregierung diskutiert.
Ziel der Ampelkoalition ist es, dass die nationale Stromerzeugung bereits bis 2035 weitgehend klimaneutral erfolgt. Um das zu erreichen, sollen erneuerbare Energien fossile Energieträger bei der Stromproduktion ersetzen. Aufgrund der wetterabhängig stark schwankenden Stromerzeugung aus Wind und Sonne gilt Wasserstoff als Hoffnungsträger der Energiewende. Aus ihm erzeugter Strom soll in Zeiten, in denen die Sonne nur wenig scheint und der Wind nur schwach weht, die Versorgungssicherheit gewährleisten. Wie dies genau gelingen soll, dazu hat die Ampelregierung im Februar 2024 eine neue Kraftwerksstrategie entwickelt. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
Worum geht es bei der Kraftwerksstrategie?
Im Mittelpunkt der neuen Kraftwerksstrategie steht die Versorgungssicherheit, die durch den Kohleausstieg „gefährdet“ ist. Da nämlich alle deutschen Kohlekraftwerke bis 2030 stillgelegt werden sollen, muss Ersatz für sie her. Idealerweise sind das Gaskraftwerke, die zunächst noch mit Erdgas, später aber bestenfalls mit sogenanntem „grünen Wasserstoff“ betrieben werden. Also mit Wasserstoff, der mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energien, etwa aus Wind- oder aus Sonnenenergie, produziert wurde. Ein Kernelement der Kraftwerksstrategie ist daher der Bau neuer, wasserstofffähiger Gaskraftwerke, sogenannter „H2-ready“-Gaskraftwerke. Wie frühzeitig tatsächlich grüner Wasserstoff in ausreichenden Mengen zur Verfügung steht, ist derzeit noch fraglich. Daher ist es denkbar, dass zuvor für eine gewisse Übergangszeit noch blauer oder türkiser Wasserstoff genutzt wird.
Weitere Infos zu den unterschiedlichen Wasserstoffarten finden Sie im Artikel „Wie funktioniert die Erzeugung von Wasserstoff?“.
Wie viele neue Kraftwerke werden gebaut?
Ziel ist es, kurzfristig neue Kraftwerkskapazitäten im Umfang von zehn Gigawatt zu schaffen. Expert:innen gehen davon aus, dass dafür etwa 20 Kraftwerksblöcke errichtet werden müssen. Die Bundesregierung will hierfür vier Ausschreibungen für jeweils 2,5 Gigawatt ausloben, für deren Errichtung sich Unternehmen bewerben können. Abhängig von Standort und Größe können das pro Ausschreibung mehrere Großkraftwerke mit mehreren Kraftwerksblöcken sein. Diese Großkraftwerke sollen so gebaut werden, dass sie zwischen 2035 und 2040 vollständig auf Wasserstoff umgestellt werden können. Der genaue Zeitpunkt soll 2032 festgelegt werden.
Wie werden die neuen Kraftwerke finanziert?
Der Bau der modernen, hochflexiblen und klimafreundlichen Gaskraftwerke wird ausgeschrieben. Die Kosten für den Ausbau liegen laut Koalition bei etwa 15 bis 20 Milliarden Euro für die nächsten 20 Jahre. Die Förderungen werden aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) finanziert, in den auch die Einnahmen aus der steigenden CO₂-Bepreisung fossiler Brennstoffe fließen.
Wo sollen die Kraftwerke stehen?
Die genauen Standorte der neuen Kraftwerke stehen bisher nicht fest. Ziel der Bundesregierung ist es jedoch, die neuen Kraftwerke an sogenannten „systemdienlichen“ Standorten zu bauen – also vor allem an Knotenpunkten zu energieintensiven großen Industriekomplexen. Da diese sich vor allem im Süden und Westen Deutschlands befinden, werden voraussichtlich zwei Drittel der neuen Kraftwerke in Süddeutschland und Westdeutschland und nur ein Drittel in Norddeutschland errichtet.
Wie ist das weitere Vorgehen?
Um die erste Ausschreibung starten zu können, muss zeitnah ein Gesetzesbeschluss folgen. Darum arbeitet die Ampelkoalition in Abstimmung mit der EU-Kommission in Brüssel zurzeit an einem Konzept für einen Kapazitätsmechanismus. Dieser wird den Strommarkt ab 2028 grundlegend verändern. Kraftwerksbetreiber würden dann Zahlungen dafür erhalten, dass sie Kapazitäten frei halten und ihre Kraftwerke jederzeit einsatzbereit sind – selbst wenn sie letztlich gar keinen Strom liefern. Eine politische Einigung darüber soll innerhalb der Bundesregierung bis spätestens Sommer 2024 erzielt werden.
Wie unterstützt die Kraftwerksstrategie die Energiewende?
Im Zuge der Energiewende wird der Energieträger Wasserstoff immer wichtiger. Wasserstoff kann mithilfe regenerativer Energien erzeugt, gut gespeichert und transportiert werden. Als alternativer Brennstoff kann er fossile Brennstoffe wie Erdöl, Kohle oder Erdgas ersetzen, insbesondere in energieintensiven Industrien wie der Chemie- oder Stahlindustrie. So stellt grüner Wasserstoff einen wichtigen Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität dar. Allerdings muss Wasserstoff nicht nur erzeugt, sondern auch zu den entsprechenden Einsatzorten transportiert werden. Die Voraussetzung dafür schafft die Bundesregierung im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie seit 2020: Gemeinsam mit den Fernleitungsnetzbetreibern arbeitet sie an dem Ausbau eines nationalen Wasserstoff-Kernnetzes.
Von Erdgas auf Wasserstoff – auch bei enercity
Für eine 100 Prozent klimaneutrale konzerneigene Strom- und Wärmeerzeugung plant enercity bis 2035 die Umrüstung des innerstädtischen Heizkraftwerks Hannover-Linden, das Strom und Fernwärme erzeugt, von Erdgas auf Wasserstoff. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die Anbindung Hannovers an das Wasserstoff-Kernnetz, wie sie im aktuellen Antragsentwurf der FNB Gas, dem Zusammenschluss der überregionalen Gastransportunternehmen in Deutschland, vorgesehen ist. Im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung haben enercity und die Stadt Hannover jedoch kein Wohngebiet für die Versorgung mit Wasserstoff vorgesehen. „Wir sehen Wasserstoff nicht in der Gastherme. Dafür wird dieser einfach zu teuer bleiben“, so enercity-Vorstand Marc Hansmann.
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