Wie hoch ist der Flächenbedarf von Windkraftanlagen?
Bis 2030 soll der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch auf 80 Prozent steigen. Dazu müssen laut Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) Windenergieanlagen mit einer Leistung von insgesamt mehr als 100 Gigawatt in Betrieb sein. Aktuell fehlt eine Leistung von circa 70 Gigawatt, und auch die Fläche, die zur Erzeugung von Windenergie genutzt wird, ist noch recht gering: Lediglich 0,8 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands sind für Windenergieanlagen ausgewiesen. Der Ausbau von Windkraft muss also gefördert werden. Darum trat im vergangenen Jahr das „Wind-an-Land-Gesetz“ in Kraft. Damit werden künftig zwei Prozent der Fläche Deutschlands für die Windenergienutzung planerisch „reserviert“. Was heißt das konkret?
Zwei Prozent der Landesfläche Deutschlands entsprechen einem Flächenumfang von rund 715.000 Hektar und sind relativ wenig, wenn man sie beispielsweise mit den deutschen Siedlungs- und Verkehrsflächen vergleicht. Die betragen laut Informationen des Statistischen Bundesamtes 14,1 Prozent – mehr als fünf Millionen Hektar. Ebenfalls gut zu wissen: Die zwei Prozent umfassen zunächst auch nur die Flächenkulisse (ein abgegrenztes Gebiet, das aus einzelnen Teilgebieten besteht), in der die Windenergieanlagen stehen sollen, nicht die tatsächlich in Anspruch genommene (Boden-)Fläche. Diese fällt, anders als bei vielen Siedlungs- oder Verkehrsflächen, bei Windenergieanlagen nämlich deutlich geringer aus.
Wie viele Windenergieanlagen lassen sich auf zwei Prozent der Fläche Deutschlands errichten?
Grundsätzlich hängt das natürlich davon ab, wie dicht die Anlagen gestellt werden können. Hierbei muss ein Mindestabstand zueinander berücksichtigt werden, aber auch hersteller- und anlagenspezifische Vorgaben zur Standsicherheit. Zudem gelten strenge Grenzwerte für Schall- und Schattenbelastungen, die nicht überschritten werden dürfen. Nur Planungen von Windenergieanlagen, die mittels unabhängiger Fachgutachter:innen nachweisen, dass sie den Schutzbedürfnissen der Anlieger:innen gerecht werden, sind genehmigungsfähig. Gegenseitiger „Windklau“ muss bei der Flächenplanung ebenfalls minimiert werden, da dieser sonst zu geringeren Wirkungsgraden und damit zu Ertragseinbußen führt.
Unsere Beispielrechnung zeigt, wie viele Windenergieanlagen im Idealfall auf zwei Prozent der Fläche Deutschlands errichtet werden könnten. Berechnungsgrundlage sind Anlagen mit 133 Metern Rotordurchmesser und vier Megawatt Leistung. Diese werden unter Beachtung der erforderlichen Abstände so errichtet, dass eine Windenergieanlage in der Mitte und vier weitere im rechten Winkel auf einer quadratischen Fläche stehen. Jede Windenergieanlage hätte für die Standsicherheit so einen maximalen Raumbedarf von etwa 17,5 Hektar. Rechnet man dies nun auf die theoretisch zur Verfügung stehende Fläche von 715.000 Hektar hoch, könnten rein rechnerisch etwa 41.000 Windenergieanlagen aufgestellt werden. Das würde eine Nennleistung von 164.000 Megawatt ergeben.
Allerdings funktioniert diese Rechnung nur in der Theorie, denn die zwei Prozent „reservierte“ Fläche für Windenergie besteht in der Realität nicht aus einer einzigen zusammenhängenden und ideal geformten Fläche, sondern aus einer Vielzahl unterschiedlich großer Einzelflächen. Auch ist eine Landschaft nie idealtypisch, weshalb die Anlagen häufig nicht wie im Rechenbeispiel optimiert flächensparend errichtet werden können. Konkret lässt sich das Zubaupotenzial erst errechnen, wenn klar ist, wie die „reservierte“ Fläche topografisch aufgebaut ist – es gibt also keine allgemeingültige Antwort auf die Frage, wie viele Windräder auf die theoretisch zur Verfügung stehenden 715.000 Hektar Fläche passen.
Welchen Flächenbedarf haben Windkraftanlagen am Boden?
Laut einer Studie der Forschungsstelle für Energiewirtschaft benötigt eine Windenergieanlage dauerhaft eine durchschnittliche Freifläche von 2000-4000 m2 (0,2-0,4 Hektar). Davon entfallen je nach Anlagentyp und -hersteller 350-500 m2 auf das Fundament. Insgesamt falle „der dauerhafte Platzbedarf bei der Bewertung des Flächenverbrauchs kaum ins Gewicht.“ Ein Großteil des Flächenverbrauchs ergebe sich aus den Abstandsvorgaben der einzelnen Windenergieanlagen zueinander im Luftraum. Die Bodenflächen zwischen den Anlagen hingegen könnten weiterhin genutzt werden, etwa durch die Land- oder Forstwirtschaft.
Für Windenergieanlagen im Wald kommt eine Erhebung der Fachagentur Windenergie an Land zu ähnlichen Ergebnissen, nämlich einem dauerhaften Flächenbedarf von durchschnittlich 4600 m2 (0,46 Hektar). Während der Errichtung der Anlage kommt demnach ein temporärer Flächenbedarf von durchschnittlich 4400 m2 (0,44 Hektar) hinzu. Auf den Waldflächen ist im günstigsten Fall keine Rodung von Bäumen erforderlich – wenn zum Beispiel vorhandene Windbruchflächen (Flächen, auf denen durch Stürme Bäume umgestürzt sind oder entwurzelt wurden) als Standorte sowie vorhandene Waldwege als Zufahrten genutzt werden können. Müssen doch Bäume entnommen werden, werden die nur temporär benötigten Flächen nach dem Aufbau wieder aufgeforstet.
Wie viel Fläche wird durch eine Windkraftanlage versiegelt?
Neben dem Flächenbedarf ist ein weiterer häufiger Kritikpunkt die vermeintlich übermäßige Flächenversiegelung durch Windkraftanlagen, die durch den Ausbau noch zunehmen würde. Die Flächenversiegelung beschränkt sich in der Regel aber auf das Fundament der Anlage plus etwaige Transformatoren, Zufahrtswege und Stellflächen für Fahrzeuge. Je nach Anlagentyp werden zwischen 350 und 500 m2 (0,035-0,05 Hektar) durch das Fundament der Anlage versiegelt. Selbst hier können aber Teile der Oberfläche nach der Bauphase wieder mit Schotter oder Oberboden verdeckt werden, Zufahrtswege und Stellflächen können ebenfalls geschottert und damit nur teilversiegelt sein.
Insgesamt wird beim Bau der Windenergieanlagen darauf geachten, den größtmöglichen Teil der Fläche nicht durch Beton zu versiegeln, sondern so zu gestalten, dass Regenwasser in den Boden und letztendlich ins Grundwasser versickern kann. Wo möglich, werden bestehende Wege und Zufahrten genutzt. Die durch eine Windenergieanlage genutzte Bodenfläche wird so gering wie möglich geplant, damit der Eingriff in das jeweilige Ökosystem minimal ausfällt.
Mehr über den Aufbau und die Funktionsweise einer Windkraftanlage erfahren Sie in unserem großen Ratgeber.
Gut zu wissen: Die 0,2-0,4 Hektar große Fläche, die eine Windenergieanlage an Land während ihres Betriebes dauerhaft beansprucht, kann nach Nutzung der Anlage innerhalb weniger Jahre renaturiert werden. Betreiber von Windenergieanlagen im Wald verpflichten sich zudem, als Ausgleich zur Flächennutzung der Anlagen an anderer Stelle mit klimaresilienten Pflanzen aufzuforsten.
Wie gut ist der Energieertrag einer Windkraftanlage im Verhältnis zu ihrem Flächenbedarf?
Abschließend schauen wir uns die Effizienz einer Windenergieanlage im Verhältnis zu ihrem Flächenbedarf an, denn einige Kritiker:innen betonen, dass der Ausbau von Windkraft unverhältnismäßig zu ihrem Nutzen sei. Eine Studie des Umweltbundesamts hat den Energieertrag verschiedener erneuerbarer Energiequellen im Verhältnis zu ihrem jeweiligen Flächenbedarf untersucht. Das Ergebnis ist überraschend: Während Biomasseanlagen jährlich beispielsweise pro Megawattstunde (MWh) erzeugtem Strom rund 519 m2 Flächenbedarf haben, kommen Photovoltaik auf 22,5 m2/MWh und Windkraft auf 1,43 m2/MWh. Die Flächeneffizienz von Windkraft ist also – anders als von Kritiker:innen behauptet – sehr hoch.
Noch mehr interessante Antworten zum Thema Flächenbedarf von Windkraftanlagen haben wir in unseren FAQs:
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