Doppelseitige Solarmodule für die Energiewende
Die Solarenergie erlebt in Deutschland einen wahren Boom. Immer mehr Unternehmen und private Haushalte setzen auf Photovoltaik. Laut Statistischem Bundesamt waren im März 2022 in Deutschland rund 2,2 Millionen Anlagen mit einer Nennleistung von insgesamt 58.400 Megawatt installiert – gut 38 Prozent mehr als fünf Jahre zuvor. Das Problem bei der Technik: Die Produktion von Solarstrom schwankt erheblich. An sonnigen Tagen produzieren klassisch nach Süden ausgerichtete Anlagen mittags deutlich mehr Strom, als gerade benötigt wird. Das kann zu örtlichen Überlastungen des Stromnetzes führen. Morgens und abends mangelt es dagegen an Solarstrom.
Wie bifaziale Solarmodule unser Stromnetz stabilisieren
Eine Lösung des Problems besteht darin, Stromerzeugung und -verbrauch mithilfe von Stromspeichern auszugleichen. Liegt der Verbrauch unter der erzeugten Menge, fließt nicht benötigter Strom in die Speicher und kann später genutzt werden. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Artikel „Wie Batteriespeicher die Energiewende sichern“.
Doch auch PV-Anlagen selbst können zukünftig dafür sorgen, das Netz nicht zu überlasten. Der Schlüssel dazu liegt in innovativen bifazialen Photovoltaikmodulen. Anders als herkömmliche Solarpanels sind diese so konstruiert, dass sie einfallendes Sonnenlicht beidseitig absorbieren und in elektrische Energie umwandeln. Das ist möglich, weil sie im Gegensatz zu üblichen monofazialen Modulen nicht mit einer lichtreflektierenden Rückseitenfolie ausgerüstet, sondern transparent sind.
Ein weiterer Unterschied zu klassischen Anlagen: Bifaziale Module werden oft nicht nach Süden hin ausgerichtet, sondern häufig in Ost-West-Richtung installiert. Folglich liefern sie nicht mittags, sondern morgens und abends den meisten Strom. In Kombination mit den nach Süden geneigten klassischen Modulen wird den ganzen Tag über gleichmäßig Solarstrom produziert, die mittäglichen Produktionsspitzen entfallen. Das entlastet und stabilisiert das Stromnetz – eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende.
Mehr Stromertrag mit doppelseitigen Panels
Bifaziale PV-Systeme tragen jedoch nicht nur dazu bei, dass das Stromnetz gleichmäßiger genutzt wird. Zugleich haben sie auch einen höheren Wirkungsgrad als monofaziale Anlagen. Zwar ist die Leistung der Modulvorderseite wegen der fehlenden Reflektorfolie etwas geringer. Doch wird dies durch die Leistung der lichtdurchlässigen aktiven Rückseite mehr als ausgeglichen. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg kam in Simulationen zu dem Ergebnis, dass bifaziale PV-Systeme im Vergleich zu Standardpanels bis zu 15 Prozent höhere Energieerträge erzielen.
Das gleicht die etwas höheren Kosten für bifaziale Solarpanels im Vergleich zu konventionellen Panels über die Lebensdauer der Technik mehr als aus. Allerdings hängt der Energieertrag entscheidend vom Standort ab. Doppelseitige Photovoltaikmodule eignen sich nicht für den Einsatz auf Schrägdächern, da die Panels auf beiden Seiten Licht absorbieren müssen, um ihre volle Leistung erbringen zu können. Ist eine Modulseite ganz oder teilweise verdeckt, sinkt der Wirkungsgrad der gesamten Anlage.
Der ideale Standort für bifaziale Solaranlagen
Ideale Standorte für bifaziale PV-Module sind daher beispielsweise Flachdächer, Carports oder Felder, Wiesen und andere Freiflächen. Dort können sie die bereits installierten Agri- und Floating-PV-Anlagen ergänzen. Wichtig: Die Technik muss dort zum Einsatz kommen, wo beide Modulseiten möglichst viel Sonnenlicht erhalten. Neben der Standortfrage spielt auch die konkrete Positionierung der Panels im Verhältnis zur Sonne eine große Rolle. Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten:
- Senkrecht stehend, mit Ausrichtung der beiden stromerzeugenden Flächen nach Osten und Westen, zum Beispiel auf landwirtschaftlichen Nutzflächen. Die Module können so insbesondere die Morgen- und Abendsonne optimal zur Stromerzeugung nutzen, wenn sie in ausreichendem Abstand von acht bis zehn Metern installiert werden und sich nicht gegenseitig verschatten. Auf den großen Flächen zwischen den Modulen könnten weiterhin Nutzpflanzen angebaut werden.
- In klassischer 35-Grad-Neigung und in Südausrichtung: Die Vorderseiten der Panels liefern das Gros der Energie, während die ebenfalls photoelektrisch aktive Rückseite die indirekte Strahlung verwertet, die vom Untergrund zurückgeworfen wird. Der Stromertrag ist umso höher, je mehr Licht der Untergrund reflektiert.
Alternativ lassen sich alle Arten von Solarmodulen auf Nachführsystemen installieren, die dem Sonnenstand folgen. Das bringt den höchsten Energieertrag, ist wegen der Nachführsysteme aber vergleichsweise teuer.
Doppelseitigen Solarmodulen gehört die Zukunft
In sonnigen Gebieten Südeuropas haben sich Solaranlagen mit bifazialen Modulen bereits bewährt. In Deutschland kommen die Panels auf Versuchsflächen, aber auch im Regelbetrieb zum Einsatz, zum Beispiel auf Wartehäuschen von Bushaltestellen und Carports sowie in größerem Stil auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. Dabei konnten die doppelseitigen PV-Anlagen mit hohem Energieertrag und einer stabilisierenden Wirkung auf das Stromnetz überzeugen. Zudem sinkt der Bedarf an teuren Stromspeichern. Für die Zukunft rechnen Experten daher damit, dass bifaziale PV-Systeme neben konventionellen Solaranlagen zu einem festen Bestandteil unserer stromerzeugenden Infrastruktur werden.
Newsletter abonnieren
Sie möchten regelmäßig über innovative Technologien und spannende Fakten rund um die Themen Energie und Klimaschutz informiert werden? Dann abonnieren Sie den Newsletter unseres Energiemagazins #positiveenergie!