Ein Mann repariert ein Handy.
Reparieren statt wegwerfen

Recht auf Reparatur: Was ändert die neue EU-Richtlinie?

Im April 2024 hat das Europaparlament die Richtlinie über das sogenannte „Right to Repair“ – also das Recht auf Reparatur – verabschiedet. Nun müssen die EU-Mitgliedsstaaten diese Richtlinie binnen zwei Jahren in nationales Recht überführen. Doch was besagt die neue Richtlinie genau – und was ändert sich für Verbaucher:innen in Deutschland? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Wer ein Smartphone besitzt, nutzt dieses im Schnitt nur zwei bis drei Jahre. Ein möglicher Grund für die kurze Nutzungsdauer kann sein, dass das Gerät nach dieser Zeit bereits erste Mängel aufweist. Denn Smartphones oder andere elektronische Produkte wie Waschmaschinen oder Staubsauger reparieren zu lassen war bisher mit hohen Kosten und Aufwänden verbunden. Die neue EU-Richtlinie zum Recht auf Reparatur zielt darauf ab, dieses zu ändern und die Instandsetzung reparierbarer Geräte einfacher, günstiger und damit attraktiver zu machen.

Was ist das Recht auf Reparatur, und was besagt es?

Das neue Recht auf Reparatur beinhaltet nicht ein bestimmtes Gesetz, sondern ein umfassendes Bündel an Instrumenten. Die verschiedenen Maßnahmen lassen sich in vier Kategorien einteilen.

Auf 3
Jahre
verlängert sich die gesetzliche Gewährleistungspflicht, wenn ein Produkt innerhalb von zwei Jahren nach Neukauf repariert werden muss.

1. Reparaturpflicht:

  • Hersteller müssen Verbraucher:innen über ihre Reparaturansprüche aufklären.
  • Wird ein Gerät innerhalb der bestehenden zweijährigen Gewährleistungspflicht repariert, verlängert sich der Haftungszeitraum um ein weiteres Jahr, was die Reparatur gegenüber einem Neukauf attraktiver macht. Was genau unter dem Begriff „Gewährleistungspflicht“ verstanden wird, erfahren Sie weiter unten in den FAQs.
  • Auch nach Ende der gesetzlichen Gewährleistungspflicht sind Hersteller verpflichtet, gängige Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen, Staubsauger und Smartphones zu reparieren, sofern diese laut EU-Recht technisch instandsetzbar sind. In diesem Zusammenhang soll eine Liste mit Produktkategorien, für welche diese Regelung zutrifft, erstellt und fortlaufend erweitert werden.
  • Während der Reparaturzeit haben Verbraucher:innen die Möglichkeit, ein Ersatzgerät zu leihen oder – falls eine Reparatur nicht umsetzbar ist – das eigene kaputte Gerät gegen ein generalüberholtes Modell einzutauschen.
  • Überdies sind Hersteller dazu verpflichtet, noch zehn Jahre nach Einstellen der Produktion eines Modells Ersatzteile auf Lager zu haben.

2. Informationen zu Reparaturbedingungen und -dienstleistungen:

  • Verbraucher:innen soll möglichst ein europaweites Formular für Reparaturinformationen angeboten werden, das es ihnen ermöglicht, verschiedene Reparaturdienste hinsichtlich Defektart, Kosten und Dauer zu vergleichen.
  • Zur Unterstützung des Reparaturprozesses ist die Einrichtung einer europäischen Onlineplattform geplant. Diese Plattform dient dazu, lokale Reparaturdienste, Anbieter:innen von generalüberholten Geräten, Käufer:innen defekter Geräte oder lokale Reparaturinitiativen wie Repair-Cafés zu finden.

3. Belebung des Reparaturmarktes:

  • Hersteller sind angehalten, Ersatzteile und Werkzeuge zu fairen Preisen bereitzustellen.
  • Zudem dürfen sie keine Vertragsbedingungen und keine technischen Hindernisse schaffen, die Reparaturen erschweren. Insbesondere ist es ihnen untersagt, die Nutzung von gebrauchten oder mit 3-D-Druckern hergestellten Ersatzteilen durch unabhängige Werkstätten zu blockieren oder Reparaturen aufgrund vorheriger Reparaturen durch Dritte abzulehnen.

4. Erschwinglichkeit von Reparaturen:

  • Um Reparaturen zu fördern, soll jeder Mitgliedsstaat mindestens eine unterstützende Maßnahme ergreifen. Dies können verschiedene Angebote sein, zum Beispiel Gutscheine für Reparaturen, Reparaturkurse oder die Unterstützung von gemeinnützigen Reparaturinitiativen.
Eine junge Frau in Arbeitskleidung repariert eine Geschirrspülmaschine
Spülmaschine kaputt? Mit dem neuen EU-Recht auf Reparatur soll das Reparieren defekter Geräte einfacher, günstiger und damit attraktiver für Verbraucher:innen werden.

Wann tritt das Recht auf Reparatur in Kraft?

Die neue Richtlinie muss von den 27 EU-Mitgliedsstaaten innerhalb von zwei Jahren in nationales Gesetz überführt werden. Diese Zweijahresfrist gilt ab dem Zeitpunkt, an dem der Rechtstext der Richtlinie im EU-Amtsblatt veröffentlicht worden ist. Weigert sich ein Land, die Richtlinie umzusetzen, kann die EU-Kommission nach Ablauf der Frist ein entsprechendes Vertragsverletzungsverfahren einleiten.

Für welche Geräte gilt das Recht auf Reparatur?

Bisher umfasst das EU-Recht auf Reparatur alle Produkte, für die bereits EU-Rechtsvorschriften für Reparaturanforderungen definiert wurden. Dazu gehören beispielsweise Waschmaschinen, Wäschetrockner, Geschirrspüler sowie Kühlschränke, Staubsauger, Telefone aller Art, Tablets und E-Bikes. Aktuell sind Kopfhörer nicht von der neuen Regelung betroffen. Laut EU könnten jedoch zukünftig weitere Artikel in den Geltungsbereich des Gesetzes aufgenommen werden.

Warum braucht es überhaupt ein EU-Recht auf Reparatur?

Das Recht auf Reparatur ist ein wichtiger Bestandteil des „europäischen grünen Deals“ – ein Paket politischer Initiativen mit dem Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden. Werden kaputte, aber reparable Geräte instand gesetzt statt weggeworfen, sinkt der Ressourcenverbrauch. Zusätzlich werden Treibhausgase und der Energieverbrauch reduziert, da insgesamt weniger Waren produziert werden müssen, wenn einzelne Produkte länger genutzt werden.

Zudem soll das Recht auf Reparatur dazu beitragen, die geplante Obsoleszenz, also die künstlich hervorgerufene Alterung von Produkten, zu minimieren. Denn insbesondere Elektrogeräte stehen immer häufiger unter Verdacht, so konzipiert zu sein, dass sie nach einer bestimmten Nutzungsdauer nicht mehr funktionieren. Hinzu kommt, dass inzwischen bestimmte Komponenten in Geräten wie Smartphones und Lautsprecherboxen so verbaut sind, dass sie gar nicht getauscht werden können. Mit dem neuen Recht auf Reparatur sollen europaweit Gesetze geschaffen werden, die es den Herstellern verbieten, solche reparaturerschwerenden Mechanismen einzubauen.

Im weiteren Sinn unterstützt die neue EU-Richtlinie Verbraucher:innen dabei, einfacher umweltbewusst zu leben. Mehr Tipps und Infos zu einer nachhaltigen Lebensweise finden Sie in unserem Ratgeber „Minimalistisch und nachhaltig leben: So einfach geht’s“.

Welche Regeln für die Reparierbarkeit von Geräten galten bisher?

Seit März 2021 gilt innerhalb der Europäischen Union die Ökodesign-Richtlinie. Diese verpflichtet die Hersteller sogenannter energieverbrauchsrelevanter Produkte – also zum Beispiel von Waschmaschinen und Geschirrspülern – dazu, ihre Produkte reparierbar zu gestalten. Zudem schreibt die Richtlinie die Lieferung von Ersatzteilen innerhalb einer bestimmten Frist, eine Informationspflicht über mögliche Mängel und Reparaturhinweise sowie Rücknahmepflichten für den Handel vor. Einen konkreten Reparaturanspruch auf defekte Geräte gab es bisher allerdings nicht.

Gut zu wissen: Kennen Sie schon die neuen Energieeffizienzlabel von A bis G? Auch in diese Bewertung fließt die Reparaturfreundlichkeit des Produkts mit ein.

Eine Nahaufnahme zeigt die Reparatur eines Handys
Ab 2026 soll der Einbau von Ersatzteilen durch Drittanbieter nicht mehr von den Herstellern blockiert werden können.

Exkurs: Andere Länder, andere Regeln

  • Frankreich: Seit dem 1. Januar 2021 muss für bestimmte Geräte wie etwa Laptops, Fernseher, Smartphones und Waschmaschinen ein spezieller Reparatur-Index angegeben werden. Dieser gibt Auskunft über die Reparaturfähigkeit des Produkts. Wer darüber hinaus ein Elektrogerät erwirbt, welches nicht mehr unter die gesetzliche Gewährleistungspflicht fällt, erhält beim Kauf einen finanziellen Bonus zwischen zehn und 45 Euro.
  • Rumänien: Der Hersteller muss für die gesamte geschätzte Lebensdauer des Produkts Ersatzteile anbieten können.
  • Schweden: Handwerksbetriebe können die Reparatur von Elektrogroßgeräten bis zu 50 Prozent günstiger anbieten, weil der Staat die Differenz zu den eigentlichen Kosten ausgleicht. Verbraucher:innen erhalten eine Steuerermäßigung von 50 Prozent, wenn sie Textilien und Elektrogeräte nachweislich reparieren lassen haben.
Eine junge Familie mit einer kleinen Tochter verbringt eine glückliche Zeit am Strand Neben einer Picknickdecke sind auch Sandspielzeug mit Förmchen und Eimern sowie zwei Elektroräder zu sehen
Das Recht auf Reparatur soll auch für E-Bikes gelten. Autos sind von der neuen EU-Richtlinie jedoch ausgenommen.

Wir beantworten häufig gestellte Fragen:


Wann haben Verbraucher:innen das Recht auf Reparatur?

Laut dem deutschen Gewährleistungsrecht stehen Käufer:innen nach Erwerb eines Produkts bis dato zwei Jahre lang Gewährleistungsansprüche zu. Mit Inkrafttreten des neuen Rechts auf Reparatur (geplante Umsetzung bis 2026) beträgt die Gewährleistungspflicht weiterhin zwei Jahre – es sei denn, innerhalb dieser Gewährleistungsfrist ist ein Schadensfall eingetreten, der nachgebessert wurde. In diesem Fall verlängert sich die gesetzliche Gewährleistungspflicht auf drei Jahre.



Wie oft hat die Käuferin oder der Käufer das Recht auf Reparatur?

Konnte der Mangel beim ersten Reparaturversuch nicht behoben werden, haben Verbraucher:innen das Recht, eine zweite Nachbesserung zu verlangen. Schlägt diese ebenfalls fehl, gilt der Reparaturversuch als gescheitert. In diesem Fall ist die Käuferin oder der Käufer bei schweren Mängeln dazu berechtigt, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Alternativ kann eine nachträgliche Minderung des Kaufpreises verlangt werden.



Was ist der Unterschied zwischen Garantie und Gewährleistung?

Die Gewährleistung ist eine gesetzliche Verpflichtung in Deutschland und der EU, die sicherstellt, dass ein Produkt zum Zeitpunkt der Übergabe frei von Mängeln ist, und für die der Verkäufer typischerweise zwei Jahre haftet. Im Gegensatz dazu ist die Garantie eine freiwillige Zusicherung des Herstellers oder Verkäufers, die über die gesetzliche Gewährleistung hinausgehen kann und deren Bedingungen wie Dauer und Umfang der Leistung individuell festgelegt werden.



Wird die Gewährleistung bei Reparatur verlängert?

Ja. Wird ein Gerät repariert oder ein Ersatzprodukt geliefert, erhalten Verbraucher:innen erneut zwei – und zukünftig sogar drei – Jahre Anspruch auf Gewährleistung.



Wie lange darf eine Reparatur auf Gewährleistung dauern?

Rechtlich darf eine Reparatur zwischen einer Woche und einem Monat dauern. Sollte diese Zeit überschritten werden, ist es Aufgabe des Verkäufers, zu erklären, dass die längere Dauer der Reparatur durch spezifische Mängel am Produkt gerechtfertigt war und nicht durch Umstände, die den Reparaturdienst betreffen.



Was ist die Initiative „Right to Repair“?

Die Initiative „Right to Repair“ ist ein europaweiter Zusammenschluss von über 100 Organisationen aus 21 Ländern Europas. Dazu gehören Umweltorganisationen, kommunale Reparaturinitiativen, Akteurinnen und Akteure aus der Sozialwirtschaft, Anbieter:innen von Ersatzteilen, Hobby-Reparierende, Reparaturdienste sowie Bürger:innen, die sich für ihre Reparierrechte starkmachen. Die Bewegung strebt danach, Reparaturen erschwinglich und allgemein zugänglich zu machen.



Habe ich einen Anspruch auf ein Ersatzgerät, wenn mein Gerät in der Reparatur ist?

Ja. Mit Inkrafttreten des neuen Rechts auf Reparatur im Jahr 2026 erhalten Verbraucher:innen generell Anspruch auf ein Ersatzgerät, wenn ihr eigenes Gerät nachgebessert beziehungsweise wieder instand gesetzt wird.



Gilt das neue Recht auf Reparatur auch für Autos?

Nein, das neue EU-Recht auf Reparatur findet bei Autos noch keine Anwendung.


28. Juni 2024
Klimaschutz

Text: Sophie Makkus. Fotos. Getty Images.

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