BU11
Kohleausstieg

Biomasse-Heizkraftwerk Hannover-Stöcken: mit Tempo in die Energiezukunft

enercity hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2040 klimaneutral zu werden. Im Sommer 2022 wurde dafür bereits der Spatenstich für das innovative Altholz-Heizkraftwerk auf dem Gelände des Gemeinschaftskraftwerks Hannover (GKH) in Stöcken gesetzt. Anfang 2025 wird das Kesselfeuer gestartet und die Anlage in Betrieb gehen. Das Ziel: den Kohleausstieg in Hannover ermöglichen und die Fernwärme dekarbonisieren.

Bis zum Jahr 2027 wird der Anteil erneuerbarer Energie an der Fernwärme von enercity bis zu 75 Prozent betragen. Um das zu erreichen, wird unter anderem der Standort des Gemeinschaftskraftwerks in Hannover-Stöcken Stück für Stück umgebaut. In zwei Etappen – voraussichtlich Anfang 2025 und Anfang 2027 – werden die beiden Blöcke des Kohleheizkraftwerks nacheinander stillgelegt. Für den Ersatz des Blocks 1 wird die Wärme aus einem ersten Bündel von sieben erneuerbaren Anlagen an verschiedenen Standorten stammen: Unter anderem die bereits in Betrieb genommene Wärmeauskopplung aus der Müllverbrennungsanlage Hannover-Lahe, die Klärschlammverwertungsanlage in Hannover-Lahe und eine Power-to-Heat-Anlage in Herrenhausen. Darüber hinaus entstehen derzeit zwei Biomethan-Blockheizkraftwerke, eines davon in Stöcken. Direkt daneben wird aktuell das neue, hocheffiziente Biomasse-Heizkraftwerk (BMHKW) gebaut. Genutzt werden sollen hier Wärme und Strom aus nicht mehr nutzbarem Recyclingholz, wie gebrauchten Möbeln, Holzverschalungen oder Gebälk aus abgerissenen Gebäuden. Allein durch diese Anlage sinkt der jährliche CO2-Ausstoß um etwa 300.000 Tonnen. 

Grafik_Biomasse-BMHKW_V2

Bau läuft nach Plan

„Insbesondere unter dem Aspekt, dass parallel mehrere Bau- und Umrüstungsprojekte auf unserem Gelände stattfinden, sind wir mit dem Baufortschritt sehr zufrieden“, erklärt Michael Bodmann, Kraftwerksingenieur bei enercity. „Der Rohbau der Anlage ist fertig, die Montagearbeiten der Verfahrenstechnik schreiten gut voran.“ Der 45-Jährige begleitet die Bauphase der Anlage und ist der Anlagenverantwortliche für das BMHKW. Geplant und umgesetzt wird das Biomasse-Heizkraftwerk von der enercity-Tochtergesellschaft Danpower. Mit sichtbarem Erfolg: Nach vorangegangenen Vor- und Tiefbauarbeiten sind seit Sommer 2023 die einzelnen Bestandteile auf der Anlage in die Höhe gewachsen. Hierzu gehören neben dem Betriebsgebäude mit der Leitwarte insbesondere das Kessel- und das Maschinenhaus sowie die Brennstoffannahme mit vier Brennstoffsilos mit einem Füllvolumen von jeweils 4.000 Kubikmeter, die in Summe 5.000 Tonnen Altholz auf Vorrat lagern können.  

Der Rostkessel ist das „Herzstück“ der Anlage, in dem in verschiedenen Zonen das Holz getrocknet, gezündet und verbrannt wird. Über eine Vielzahl an Fördereinrichtungen wird das Holz aus den Silos auf den hydraulisch angetriebenen, treppenförmig aufgebauten Vorschubrost im Kessel schrittweise vorwärtsgeschoben. „Das Holz wird durch die Bewegungen des Vorschubrostes umgewälzt und durchmischt, was dazu beiträgt, dass der Brennstoff bis auf die Asche vollständig ausbrennt“, sagt Bodmann. Das beim Brennvorgang entstehende heiße Rauchgas erzeugt Hochdruckdampf. Dieser erwärmt über ein technisches Verfahren das Fernheizwasser – oder wird zur Stromerzeugung genutzt. „Die strengen gesetzlichen Abgasemissionsgrenzen können wir durch das Verfahren über die Vorgaben hinaus einhalten und haben auch für zukünftige Grenzwertverschärfungen Reserven“, so Bodmann weiter.  

 

Um die Langlebigkeit des Kessels zu gewährleisten, sind zudem spezielle konstruktive Maßnahmen notwendig, da der Verbrennungsprozess von Altholz herausfordernder ist als bei anderen Brennstoffen: Das zu verfeuernde Holz weist beispielsweise sehr unterschiedliche Eigenschaften auf. In dem Bereich, in dem sich die Flammen bilden und der durch Strahlung stark belastet ist, sind die Kesselwände entsprechend feuerfest ausgemauert und im weiteren Verlauf mit einer besonderen Beschichtung ausgekleidet.

IMG_0073
Michael Bodmann, Kraftwerksingenieur bei enercity, begleitet die Bauphase des Biomasse-Heizkraftwerks und ist der Anlagenverantwortliche für das Biomasse-Heizkraftwerk.

Welches Altholz wird als Brennstoff verarbeitet?

Altholz ist ein Recyclinggut, das nicht deponiert werden darf. Stattdessen kommt es als Sekundärrohstoff zum Einsatz, zum Beispiel in der Holzwerkstoffindustrie, um Holzspanplatten herzustellen. Oder aber es wird zur Wärme- und Energiegewinnung genutzt und auf diese Weise thermisch verwertet. Maßgeblich für die Art der möglichen Verwertung der Althölzer ist die Frage, mit welchen Fremdstoffen es belastet ist. Daher wird Altholz in unterschiedliche Altholzkategorien eingeteilt. Im Biomasseheizkraftwerk in Stöcken sollen bis zu 200.000 Tonnen Altholz aus der Kategorie A2 bis A4 jährlich eingesetzt werden: 

Kat A2: behandeltes Altholz (Dielen, Möbel, Spanplatten, Konstruktionsholz) 

Kat A3: belastetes Altholz (Altholz aus Sperrmüll, Küchenarbeitsplatten, Möbel aus MDF/HDF, Paletten mit Verbundmaterial) 

Kat A4: besonders belastetes Altholz (Jägerzäune, Eisenbahnschwellen, Fenster/Außentüren, Holz aus Brandereignissen) 

Anlagentechnik doppelt abgesichert

Eine Müllverbrennungsanlage hat den Auftrag, kontinuierlich anfallende Abfallmengen zu entsorgen. In einem BMHKW wird mit dem Altholz dagegen thermische und elektrische Energie effizient und nachhaltig erzeugt: Die Anlage in Stöcken wird jährlich bis zu 200.000 Tonnen nicht recycelbares Altholz verwerten, erzeugt dabei bis zu 80 MW Wärme für die Fernwärmeversorgung und kann bis zu 19 MW Strom ins Netz einspeisen. Mit der Energie wird nicht nur Hannover versorgt, sondern auch die benachbarten Werke von VW-Nutzfahrzeuge. Dank ausgeklügelter Technik und innovativer Konstruktion kann zudem weitere Energie aus dem Verbrennungsprozess gewonnen werden: „Aus dem Rauchgas, das ansonsten ungenutzt über den Kamin an die Umwelt abgegeben würde, können wir durch eine Großwärmepumpe zusätzlich bis zu 9 MW Wärmeleistung gewinnen“, erklärt Bodmann. Im reinen Heizbetrieb koppelt die Anlage so max. 89 MW Wärme bei einem Brennstoff-Nutzungsgrad von nahezu 100 % aus. 

Die hochmoderne Anlage wird in Zukunft auf zuverlässige und sichere Weise dazu beitragen, dass es den Menschen in Hannover warm bleibt. „Brennstoffannahme, Aufbereitung, Bevorratung und Fördertechnik sind doppelt vorhanden. Wenn ein Teilsystem ausfällt, läuft mindestens ein paralleles System weiter, um die volle Leistung bereitzustellen – das gilt zum Beispiel für die Förderanlage von den Silos zum Kessel“, führt Bodmann aus. „Dadurch gewährleisten wir eine hohe Anlagenverfügbarkeit und Versorgungssicherheit.“ 

  • BU1
  • BU11
  • BU4-(1)

Biomasse-Heizkraftwerk Teil der Kohleausstiegsstrategie

Der Neubau ist ein wichtiger Meilenstein in der von enercity vorangetriebenen Wärmewende in Hannover und ein zentraler Beitrag, um Klimaneutralität zu erreichen sowie die CO2-Emissionen erheblich zu reduzieren. Neben Wind- und Sonnenenergie in der Stromproduktion spielt für enercity die aus Geothermie, Großwärmepumpen oder Abwärme gewonnene Fernwärme eine entscheidende Rolle. 

Fernwärmeversorgung: So schließen auch Sie sich an!

enercity bietet in vielen Stadtgebieten Hannovers klimaschonende Fernwärme an. Schon heute profitieren Tausende von Haushalten, Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen wie Schulen oder Krankenhäuser von den vielen Vorteilen der Fernwärmeversorgung – in den kommenden Jahren wird diese Zahl weiter steigen. Ob auch für Ihre Immobilie ein Fernwärmeanschluss verfügbar ist und was zu tun ist, wenn Sie Ihre alte Öl- oder Gasheizung durch Fernwärme ersetzen möchten, erfahren Sie hier.

12. Juli 2024
Erneuerbare Energien
Klimaschutz
Grüne Wärme

Text: Alberto Alonso Malo. Foto: Alberto Alonso Malo, Titelfoto mit freundlicher Genehmigung von M+M Turbinen-Technik GmbH

Verwandte Artikel

Diese Themen könnten Sie auch interessieren.

Geschenke gehören für viele an Weihnachten einfach dazu. Doch die Schattenseite sind Berge an Verpackungsmüll. Wir zeigen Ihnen, wie Sie Geschenke nachhaltig verpacken können.

Energiespartipps
Klimaschutz

Auch 2021 können sich soziale Einrichtungen in Hannover über großzügige Spenden freuen. Das Geld sammelten enercity-Mitarbeitende im Rahmen ihrer RestCent-Aktion.

Hannover

Die zuverlässige Versorgung mit Trinkwasser ist lebenswichtig.

Trinkwasser

Newsletter abonnieren

Sie möchten regelmäßig über innovative Technologien und spannende Fakten rund um die Themen Energie und Klimaschutz informiert werden? Dann abonnieren Sie den Newsletter unseres Energiemagazins #positiveenergie!

Jetzt anmelden

Sie haben Fragen, Lob oder Kritik?

Schreiben Sie uns!
E-Mail an die Redaktion