„Wir sind die Dombaumeister des Waldes“
Interview mit enercity-Förster Olaf Zander
Herr Zander, warum sind Sie ursprünglich Förster geworden? Was ist das Spannende an dem Beruf?
Viele meiner Kollegen haben forstliche Wurzeln – Väter, Großväter, die schon Förster waren. Das ist bei mir gar nicht so. Ich war in meiner Jugend im Natur- und Umweltschutz aktiv und habe dann einen Weg gesucht, beruflich Natur gestalten zu können. Das schien mir als Förster direkt möglich zu sein.
Warum bezeichnen Sie Förster als die „Architekten des Waldes“?
Als Förster lege ich selbst kaum Hand im Wald an. Ich bin eher der Planer: Wo wollen wir mit dem Wald hin? Welche Bäume sollen entnommen werden? Wo wird neu gepflanzt – und was? Insofern sind Förster eben wie Architekten. Wobei: Eigentlich sind wir eher wie Dombaumeister, weil wir zeitlich irgendwo einsteigen in den Bauprozess und auch wieder aussteigen, bevor er abgeschlossen ist. Bei manchen Baumarten geht der Waldbau schließlich über Hunderte von Jahren.
Wie groß ist denn das Waldgebiet, das Sie bewirtschaften?
enercity hat im Wasserschutzgebiet Fuhrberger Feld 2000 Hektar und ist damit einer der größten privaten Waldbesitzer in Niedersachsen. Über das Pilotprojekt „Grundwasserschutzwald“ betreuen wir auch Maßnahmen im Privat- und Landeswald hier im Schutzgebiet. Das sind rund 12.000 Hektar.
Was ist das Besondere am Fuhrberger Feld? Welche Baumarten wachsen hier?
Das Fuhrberger Feld gehört zum Naturraum der Südheide, wo die Wälder stark von Kiefern geprägt sind – hier bei uns zu etwa 80 Prozent. Daneben gibt es Laubwald, der hauptsächlich aus Birke, Eiche und Buche besteht. Wir haben uns auf den Weg zum Dauerwald gemacht – also zu einem Mischwald mit einem höheren Anteil Laubwald und unterschiedlichen Altern auf einer Fläche. Das erreichen wir, indem wir neben Kiefern jetzt mehr Laubbaumarten wie Buchen, Eichen und Ahorn anpflanzen und damit langfristig den Wald umbauen.
Vor welchen Herausforderungen stehen unsere Wälder angesichts des Klimawandels?
Die Wetterextreme nehmen zu. Gerade jetzt sehen wir die trockenen Phasen, aber es sind auch Phasen mit deutlich mehr Niederschlägen vorhergesagt. Es wird also zu einer sehr starken Spreizung von Feuchtigkeitszuständen im Wald kommen.
Wie engagiert enercity sich, um den Wald in dieser Situation zu schützen?
Wir wollen den Wald stärken und ihn resilienter machen. Das funktioniert am besten dadurch, dass wir möglichst viele Baumarten – Nadel- und Laubbäume – mischen. Schädlinge sind oft auf eine Baumart spezialisiert – in einem Mischwald können sie nicht einfach von Baum zu Baum springen und sich massenhaft vermehren. Zudem verlieren Laubbäume im Winter ihre Blätter. Bei Regen bleibt dann weniger Wasser in den Kronen haften und läuft, statt von dort zu verdunsten, direkt in den Boden. So sind die Bäume besser vor Wassermangel geschützt – eine Stresssituation, die sie sonst ebenfalls anfällig für Schaderreger machen würde. Der Mischwald hilft auch beim Grundwasserschutz, denn wenn mehr Wasser im Boden ankommt, wird auch mehr neues Grundwasser gebildet. enercity hat mit dem Projekt „Grundwasserschutzwald“ schon vor drei Jahrzehnten den Grundstein für diesen Umbau des Waldes gelegt.
Was genau bedeutet Resilienz bei einem Wald?
Resilienz ist der körperliche Zustand des gesamten Waldes, in diesem Fall des Mischwaldes. Durch einen vielfältigen Aufbau mit mehreren Baumarten in unterschiedlichen Altersstufen ist er in Stresssituationen weniger anfällig und kann einzelne Ausfälle kompensieren, ohne dass der Wald als Ganzes gefährdet ist.
Warum ist die Wasserqualität im Wald besser als anderswo?
Im Wald wird sehr extensiv gewirtschaftet, das heißt: Man kommt nur alle paar Jahre mal an eine Stelle, entnimmt dort ein paar Bäume oder pflanzt etwas Neues. So finden durch die Bewirtschaftung direkt kaum Einträge in den Wald statt. Das Schadstoffpotenzial ist also sehr gering.
Muss man mit Blick auf den Klimawandel auch über ganz neue Baumarten nachdenken?
In der Forstwirtschaft gibt es bundesweit schon Ansätze. Man überlegt, Baumarten aus anderen Klimaregionen hierher zu holen, die mit Trockenphasen besser zurechtkommen – etwa die Atlaszeder aus Marokko. Andere Baumarten wie die Esskastanie oder die Zerreiche haben schon die Römer nördlich der Alpen eingeführt. Sie gelten daher in Deutschland mittlerweile als heimische Baumarten. Es wird viel diskutiert, wie sehr man Natur verändern darf – ob wir riskieren dürfen, dass neue Baumarten etwa aus Nordamerika möglicherweise heimische verdrängen. Doch der Klimawandel verändert die Gegebenheiten für Bäume so rasant, dass natürliche Anpassungsprozesse zu langsam sein könnten. Daher müssen wir unseren Blick weiten, müssen ausprobieren, wie wir die natürlichen Prozesse in der Waldentwicklung bestmöglich unterstützen können. Eben auch, indem wir maßvoll heimische Baumarten mit neuen mischen. Nur so können wir den Wald dauerhaft stärken.
Wenn Sie einmal kein Förster mehr sein werden – was möchten Sie Ihrem Nachfolger im Fuhrberger Feld hinterlassen? Und wie sollte dieser das Gebiet weiterführen?
Ich habe von meinen Vorgängern einen Wald übernommen, den ich weiterentwickeln musste und in dem ich meine Ideen umsetzen konnte. Genauso hoffe ich, dass ich mit dem Mischwald, den ich am Ende meiner Berufslaufbahn hier auf möglichst großer Fläche initiiert habe, ein Grundgerüst übergeben kann, in dem meine Nachfolger neue Ideen ausprobieren können. Er oder sie darf meine Arbeit durchaus hinterfragen: Was ist richtig? Wo muss ich vielleicht noch mal umsteuern? Aber ich hoffe, meine Nachfolger haben dann eine große Auswahl an Baumarten, um den Wald in die gewünschte Richtung zu entwickeln.
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