03. Dezember 2020UnternehmenDigitalisierungKlimaschutzGrüne Wärme
Kohleausstieg bei enercity nimmt Formen an
- Grüne Wärme: Neues Biomasseheizwerk in Hannover-Stöcken
- Zukunftssicherung: 500 Mio. Euro für Kohleausstieg vorgesehen
- enercity-Vorstandschefin Zapreva: „Der Plan steht, die Umsetzung läuft.“
- Modernisierung: Hohe Investitionen in Wassersparte erfordern Preisanpassung
- enercity wächst – Umsatz seit 2016 verdoppelt, Mitarbeiterzahl knackt 3.000-Marke
enercity geht beim Kohleausstieg voran. Auf dem Gelände des bestehenden Kohlekraftwerks in Hannover-Stöcken will der Energiedienstleister bis 2025 ein neues Biomasseheizwerk bauen. Die vorgesehene Anlage soll 80 Megawatt (MW) leisten und jährlich rund 415 Gigawattstunden (GWh) Wärme für die Fernwärmeversorgung in Hannover und industrielle Abnehmer erzeugen. Die Baukosten werden mit rund 80 Millionen Euro veranschlagt. Ziel ist es, die Versorgung der Kunden mit Wärme auf Basis von erneuerbaren Energiequellen zu sichern. Zudem soll der Brennstoff in erster Linie aus regionalen Quellen stammen, um lange Transportwege zu vermeiden und die regionale Wertschöpfung zu erhöhen. Nächster Schritt ist die Genehmigungsplanung.
Biomasse ein wichtiges Puzzlestück für erfolgreichen Kohleausstieg
Der geplante Neubau ist ein wichtiges Puzzlestück in enercitys Kohleausstiegsstrategie. Erst im September hatte das Unternehmen darüber informiert, bis 2025 den ersten Block seines mit Kohle betriebenen Gemeinschaftskraftwerks in Stöcken abzuschalten, 2030 den zweiten − und so das „Kohlekapitel“ acht Jahre vor gesetzlichem Ende der Kohleverstromung 2038 zu beenden. Mit vorbereitenden Maßnahmen für den Bau einer thermischen Klärschlammverwertungsanlage, die pro Jahr zusätzlich rund 50 GWh grüne Wärme erzeugen wird, hat enercity bereits im November im hannoverschen Stadtteil Lahe begonnen. Die Inbetriebnahme ist für Ende 2022 geplant. enercity investiert allein in dieses Projekt rund 60 Millionen Euro. Neben der Verwertung von Klärschlamm, Holz und Abfall sollen auch Industriewärme und Großwärmepumpen als Kohleersatz zum Einsatz kommen. Insgesamt sind für den Kohleausstieg rund 500 Millionen Euro vorgesehen. „Der Plan steht, die Umsetzung läuft“, sagte enercity-Chefin Dr. Susanna Zapreva.
Modernisierung der Infrastruktur erfordert Trinkwasserpreisanpassung
Notwendige Investitionen und ein klimawandelbedingter Anstieg des Wasserverbrauchs sind Gründe, warum sich enercity gezwungen sieht, den Trinkwasserpreis in den Wassernetzen Hannover und Laatzen-Süd zum Jahreswechsel 2021 anzupassen. Auch Erneuerungen der Infrastruktur zur Wassergewinnung, -aufbereitung und -verteilung machen diesen Schritt erforderlich. Darüber hinaus verdoppelt das Land Niedersachsen zum 01.01.2021 die Wasserentnahmegebühr von 7,5 ct/Kubikmeter (2015) auf 15 ct/Kubikmeter. Aus den Einnahmen werden verschiedene Umweltschutzmaßnahmen gefördert, etwa die schonende Bewirtschaftung des Grundwassers und oberirdischer Gewässer. In den kommenden fünf Jahren plant enercity, rund 150 Millionen Euro in die Wassersparte zu investieren. Ein Großteil der Summe soll in den Bau einer neuen Filterhalle im Wasserwerk Elze-Berkhof (Gemeinde Wedemark) fließen. Die 1930 eröffnete Filterhalle wird einem Neubau weichen. Auch die übrigen zwei der insgesamt drei Filterhallen wurden vor über 50 Jahren in Betrieb genommen und werden modernisiert. Darüber hinaus plant enercity die Erneuerung des Wasserversorgungsnetzes. Mehr als die Hälfte der Ausgaben ist für neue Rohrleitungen und Hochbehälter vorgesehen. Weitere Mittel sind etwa für den Bau und die Erneuerung von Grundwasserbrunnen im Wasserschutzgebiet Fuhrberger Feld geplant.
Die Preisanpassungen zum 1. Januar 2021 gliedern sich in zwei Teile:
- Anpassung der Zonenpreise im allgemeinen Wassertarif im Versorgungsgebiet Hannover für Zone 1 und 2 sowie im Wassernetz Laatzen-Süd: Erhöhung des Arbeitspreises um 0,38 Euro/ Kubikmeter netto (0,41 Euro/ Kubikmeter brutto);
- Anpassung der Grundpreise im allgemeinen Wassertarif im Wassernetz Hannover und Wassernetz Laatzen-Süd für Wohnungs-Wasserzähler von 49,08 EUR/Jahr um netto 5 Euro/Jahr auf 54,08 Euro/Jahr (57.87 Euro/Jahr brutto) bzw. für Haus-Wasserzähler von 98,15 Euro/Jahr um netto 10 Euro/Jahr auf 108,15 Euro/Jahr (115,72 Euro/Jahr brutto).
Für die in Hannover überwiegende Haushaltsgröße von 1 bis 2 Personen bedeutet die neue Preisstruktur eine Anpassung von monatlich 2,27 Euro brutto (angenommener Verbrauch: 50 Kubikmeter/Jahr pro Wohnung). Für ein 4-Personen-Einfamilienhaus bedeutet sie eine Anpassung von monatlich 5,91 Euro brutto (angenommener Verbrauch: 150 Kubikmeter/ Jahr pro Haus).
Kernziel von enercity ist es, Kunden in Hannover und im Umland weiterhin unabhängig von anderen Anbietern zuverlässig und wirtschaftlich mit dem Lebensmittel Trinkwasser aus eigenen Gewinnungsgebieten zu versorgen. Im Preisvergleich der Landeskartellbehörde 2019 schnitt enercity von 180 niedersächsischen Städten auf Platz 105 bei 1-2-Personen-Haushalten ab. Das bedeutet, dass 104 Wasserversorger teurer als enercity waren. Bei einem 4-Personen-Haushalt lag enercity auf Platz 92.
Ausblick
Trotz widriger Umstände erwartet enercity für das Gesamtjahr 2020 einen Umsatzanstieg von 3,1 auf 3,7 Milliarden Euro (plus 19,4 Prozent). Bei den Gesamtinvestitionen ist ein Zuwachs von 199,4 auf 207,7 Millionen Euro (plus 4,2 Prozent) vorgesehen. Die Zahl der Mitarbeiter ist im dritten Quartal um 2,3 Prozent von 2.942 auf 3.011 gestiegen. Vor allem durch die Corona-Pandemie sind jedoch ungeplante Hürden zu überwinden. Die damit einhergehende starke Verschlechterung der gesamtwirtschaftlichen Lage wird die Zielerreichung beim operativen Ergebnis 2020 erschweren. Das Ziel einer Verdopplung des EBITs auf 220 Mio. Euro in 2025 im Vergleich zu 2016 gilt jedoch weiterhin. Als wesentliche Treiber für Veränderung hat die enercity AG nach wie vor die Digitalisierung, die Innovationskraft und die Klimaschutzanforderungen im Blick.