Solarstrom vom Dach reicht für die ganze Welt
Die ganze Welt lässt sich mit Solarstrom vom Dach versorgen. Das ist das Ergebnis einer weltweiten Studie, bei der das Potenzial der Stromerzeugung mittels Photovoltaikanlagen untersucht wurde. Die Analyse wurde erstellt von Wissenschaftlern des University College Cork (UCC) in Irland, der Columbia University in den USA, der Ahmedabad University in Indien und des Imperial College London im Vereinigten Königreich.
Die neuen Daten haben auch sogenannte „Hotspots“, also besonders vielversprechende Gebiete, in Indien und China identifiziert, an denen Investitionen in Dachsolarzellen die größten Auswirkungen auf den Klimawandel und die Umwelt haben könnten. Solarmodule auf Dächern machten 2018 weltweit rund ein Viertel des Kapazitätszuwachses von erneuerbaren Energien aus. In dem Jahr betrug die Kapazität dem Forschungsteam zufolge 213 Gigawatt.
Datenerhebung mithilfe von künstlicher Intelligenz
Um das weltweite Potenzial abzuschätzen, kombinierte das Team zwei Ansätze, mit denen bisher Schätzungen vorgenommen wurden. Beim ersten Ansatz wurden Daten von Häusergrundrissen in einem überschaubaren Gebiet erhoben und dann auf größere Regionen hochgerechnet. Beim zweiten Ansatz wurden Luftbild- und Satellitenaufnahmen durch künstliche Intelligenz auf Dachflächen untersucht.
Dieser neue Datensatz soll Regierungen, Organisationen und Geschäftsinhabern dabei helfen, Hotspots für Solarenergie zu identifizieren, an denen sie Investitionen für neue Solarpaneele mobilisieren können. Dies könne dazu beitragen, die Einführung von Solarenergie zu beschleunigen – davon ist Dr. Shivika Mittal, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Imperial College London und Mitverfasserin der Studie, überzeugt.
Das Beratungsunternehmen Ecofys hatte in einer eigens für Deutschland angelegten Untersuchung kalkuliert, dass alleine hierzulande rund 2344 Quadratkilometer an Dachfläche für eine solare Nutzung geeignet wären.
Erste Berechnung zum weltweiten PV-Potenzial
Photovoltaik- oder PV-Anlagen werden häufig auf den Dächern von Wohnhäusern sowie Gewerbe- oder Industriegebäuden angebracht und sind der Schlüssel zur Stromerzeugung ohne Verschärfung der Klimakrise. Denn: Solarstrom gilt als eine der vielversprechendsten Technologien zur Verlangsamung und zum Aufhalten des Klimawandels, weil dabei aus Sonnenlicht sogenannter erneuerbarer Strom erzeugt wird. Dieser Strom für Haushalte und Unternehmen wird also ohne die Verbrennung fossiler Materialien erzeugt, die Treibhausgase wie Kohlendioxid und Methan in die Atmosphäre freisetzen.
Die Internationale Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA) geht davon aus, dass Solarmodule bis 2050 etwa 25 bis 49 Prozent des weltweiten Strombedarfs decken könnten. Trotz dieser Expertenprognosen hatte bisher niemand das weltweite Potenzial der Photovoltaik zur Stromerzeugung, die geografische Verteilung der besten Installationsgebiete und die Kosten für die Bewältigung dieser Herausforderung bewertet.
Für die Studie wurden 130 Millionen Quadratkilometer der globalen Landoberfläche kartiert. Dabei kam eine künstliche Intelligenz zum Einsatz, um zu ermitteln, wie viel der Erdoberfläche als Dachfläche für Solaranlagen geeignet ist. Ergebnis: Es wurden 200.000 Quadratkilometer Dachflächen identifiziert.
Entwicklung von Lösungen zur Speicherung von Solarenergie notwendig
Die Autoren der Studie ermittelten insgesamt ein weltweites Potenzial von 27 Billionen Kilowattstunden pro Jahr – was den weltweiten Energieverbrauch im Jahr 2018 übersteigt, denn der lag in dem Jahr laut der Internationalen Energieagentur (IEA) bei 24,7 Billionen Kilowattstunden. Die Realisierung des künftigen PV-Potenzials hängt jedoch von der Entwicklung und den Kosten von Lösungen zur Speicherung der erzeugten Energie ab, wenn diese nicht sofort genutzt werden kann.
Die Gebiete mit dem größten Potenzial für die Stromerzeugung durch PV auf Dächern liegen laut der Studie in Asien, Nordamerika und Europa. In Indien etwa befinden sich Gebiete, in denen mit den niedrigsten Kosten das größte Potenzial realisiert werden könnte – 57 Euro pro Megawattstunde. Auch China birgt viele kostengünstig zu erschließende Flächen (59 Euro). Die USA sind nach dem Vereinigten Königreich (221 Euro) dagegen mit 205 Euro knapp viermal so teuer. Deutschland liegt mit 132 Euro dazwischen.
Das Autorenteam ist zu dem Schluss gekommen, dass seine Ergebnisse wichtige Auswirkungen auf die nachhaltige Entwicklung und die Bemühungen zur Eindämmung des Klimawandels haben werden. Weltweit hatten 2018 fast 800 Millionen Menschen keinen angemessenen Zugang zu Strom, die meisten von ihnen leben in ländlichen Gebieten.
Zum Ausschöpfen des Solarmodul-Potenzials sei die weltweite Einführung neuer Marktmechanismen in wettbewerbsorientierten Stromerzeugungsmärkten erforderlich, schreiben die Wissenschaftler: „Angesichts sinkender Preise für Stromspeichertechnologien und eines intelligenten Managements von Verbundnetzen wird die Technologie der Dachsolaranlagen in diesen Märkten eine entscheidende Rolle spielen, indem sie Erzeugungs-, Speicher- und Systemausgleichsfunktionen übernimmt.“
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