
Wie Repowering die Energiewende beschleunigt
Was versteht man unter Repowering?
Ob in der Automobil-, der Maschinenbau- oder der Elektroindustrie: Technische Innovationen sowie verbesserte oder neuartige Herstellungsmethoden führen regelmäßig dazu, dass Produktionsanlagen modernisiert oder durch neuere ersetzt werden. Die Anlagenverbesserung dient dabei zumeist der Erhöhung der Leistungsfähigkeit von Maschinen oder der Steigerung ihrer Betriebs- und Funktionssicherheit. Im Energiesektor ist es nicht anders: Auch Anlagen zur Stromgewinnung werden, wann immer dies möglich ist, mit der neuesten Technik ausgestattet beziehungsweise erneuert – zumeist, um ihren Wirkungsgrad, also ihre Effizienz, zu erhöhen.
Für das Ersetzen alter Kraftwerksteile zur Stromerzeugung durch neue Anlagenteile gibt es sogar einen eigenen Fachbegriff: Man bezeichnet dies als Repowering, zu Deutsch „Kraftwerkserneuerung“. Grundsätzlich können alle Arten von Kraftwerken repowert werden. So auch Photovoltaikanlagen. Besonders häufig wird der Begriff Repowering derzeit aber im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien und hier vor allem mit Windkraftanlagen genannt – wobei ältere Windkraftanlagen in aller Regel nicht modernisiert, sondern durch neue ersetzt werden.

Was bringt das Repowering von Windkraftanlagen?
Der Grund dafür, dass Repowering von Windkraftanlagen fast ausnahmslos für den kompletten Austausch von alten gegen neue Anlagen steht, ist schnell erklärt: Vergleicht man eine Anlage aus der Pionierzeit der Windkraft mit einer heutigen Anlage, sind die Unterschiede – insbesondere, was die Effizienz der Anlagen angeht – beträchtlich.
Das hat vor allem mit der Größe der Anlagen zu tun: Hatten Windkraftanlagen in den 1980er- und frühen 1990er-Jahren noch einen durchschnittlichen Rotordurchmesser von um die 30 Meter und maßen bis zur Rotornabe im Schnitt nur bis zu 40 Meter, so haben moderne Anlagen heute einen Rotordurchmesser von bis zu 220 Metern und messen bis zur Rotornabe bereits bis zu 150 Meter. Die durchschnittliche Anlagenkonfiguration von im Jahr 2024 neu installierten Windkraftanlagen an Land lag in Deutschland bei einer Nabenhöhe von 143 Metern und einem Rotordurchmesser von 146 Metern. Nun kann aber ein alter Turm von 40 Metern Höhe, der zuvor rund 20 Meter lange Rotorblätter getragen hat, schlichtweg keine Blätter tragen, die 50 Meter oder länger sind.

Im Schnitt steigt jedoch der Stromertrag mit jedem Meter, den ein Windrad höher gebaut wird, um ein Prozent. Auch die Länge der Rotorblätter hat Einfluss auf den möglichen Stromertrag. Bei einer Verdoppelung ihrer Länge steigt der Stromertrag sogar um das Vierfache. Nähere Erläuterungen hierzu gibt es in unserem Artikel „Wie funktioniert eine Windkraftanlage?“. Der Grund, warum Windkraftanlagen immer größer werden, ist also der, dass moderne Anlagen wesentlich größer sind als alte und daher mehr Ökostrom produzieren können als ältere.
Das Repowering von Windparks lohnt sich demnach, weil neue Windkraftanlagen deutlich leistungsstärker und effizienter sind als ältere. Beim Repowering älterer Anlagen werden diese meist durch eine geringere Zahl an neuen Anlagen ersetzt. Und trotzdem kann auf der gleichen Fläche mit weniger Anlagen insgesamt mehr Strom „geerntet“ werden als zuvor.
Der Bundesverband WindEnergie (BWE) gibt hierfür ein Beispiel: Während ein Windpark, der aus sechs älteren Windenergieanlagen (WEA) besteht, unter optimalen Bedingungen zwölf Megawatt Strom erzeugen kann, kann ein Windpark, der aus nur drei neuen WEA besteht, 18 Megawatt erzeugen:

Was ist der Unterschied zwischen standorterhaltendem und standortverlagerndem Repowering?
Während beim standorterhaltenden Repowering die neuen Windenergieanlagen nach dem Rückbau der alten Anlagen auf den ursprünglichen Standortflächen oder im Abstand von maximal dem dreifachen Rotordurchmesser gebaut werden, ist das beim standortverlagernden Repowering anders. Hier werden die Ersatzanlagen ohne einen engen räumlichen Bezug zum Standort der alten Anlagen errichtet.
Wie hilft insbesondere standorterhaltendes Repowering beim Windkraftausbau?
Im Vergleich zum standortverlagernden Repowering bietet standorterhaltendes Repowering viele Vorteile. So kann zum Beispiel die bestehende Infrastruktur, etwa Umspannwerke, Kabeltrassen oder bestehende Zufahrtswege zum Windpark, weiterhin genutzt werden, was Kosten und Ressourcen spart. Der entscheidende Vorteil des standorterhaltenden Repowerings ist jedoch, dass keine neuen Genehmigungsverfahren erforderlich sind, da die zuvor genutzten Flächen bereits als Standorte für Windkraftanlagen ausgewiesen und genehmigt sind. Umfassende Umweltprüfungen oder langwierige Genehmigungsverfahren sind also nicht notwendig. Dadurch wird der Prozess deutlich beschleunigt und vereinfacht. Standorterhaltendes Repowering ist also nicht nur hinsichtlich der Stromertragssteigerung von Vorteil. Es beschleunigt zudem die Energiewende.
Weil beim standortverlagernden Repowering wiederum die im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) festgelegten gesetzlichen Bestimmungen gelten, ist die Dauer der Genehmigungsverfahren hierbei hingegen identisch mit der bei Neuplanungen. Eine im Juli 2024 in Kraft getretene Novelle des BImSchG legte zwar das vereinfachte und schnellere Genehmigungsverfahren für den Bau von Windkraftanlagen fest - das Verfahren kann aber weiterhin bis zu zwei Jahre betragen. Standortverlagerndes Repowering sollte daher mit Blick auf die schnellstmögliche Erreichung der Ausbauziele nur dann erfolgen, wenn ein standorterhaltendes Repowering nicht möglich ist.

Was ist Photovoltaik-Repowering?
Anders als beim Windkraft-Repowering werden beim Photovoltaik-Repowering bereits bestehende Photovoltaikanlagen nachgerüstet. Ziel ist es dabei, die Effizienz einer alten Anlage – etwa durch den Einbau moderner Solarmodule oder leistungsstärkerer Wechselrichter – zu maximieren und ihre Lebensdauer zu verlängern. Auch der Anschluss einer Wallbox zum Laden eines E-Autos ist beim Photovoltaik-Repowering möglich.
Welche weiteren Vorteile birgt Repowering?
Auch die Umwelt profitiert vom Repowering: Weil mit zunehmendem Rotordurchmesser die maximale Drehzahl sinkt, laufen neue Windkraftanlagen wesentlich ruhiger. Zudem sind sie dank besserer Flügel-Aerodynamik und -Geometrie leiser. Dazu kommt, dass beim Repowering neue und strengere Auflagen und Gesetze wie etwa die 2017 erlassene „Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm“ (TA Lärm) einzuhalten sind. Das schont die Natur und erhöht zugleich die Akzeptanz in der Bevölkerung.
Ist Repowering eine Option für Ihren Windpark?
Durch die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) verlieren alle Windenergieanlagen, die bis einschließlich 31.12.2000 installiert wurden, ihren Vergütungsanspruch im Rahmen der EEG-Förderung. enercity bietet Kommunen und anderen Anlagenbetreibern unterschiedliche Optionen zum Erhalt ihrer Windparks an – darunter ein Repowering der Anlagen.
Und was passiert mit den alten Windenergieanlagen?
Die Sorgen von Windenergiekritiker:innen, dass durch den Abbau alter WEA unnötig viele, nicht wiederverwertbare Reststoffe entstehen, sind unbegründet. Tatsächlich können inzwischen bis zu 90 Prozent einer Windenergieanlage recycelt werden. Dazu gehören sämtliche metallhaltigen Anlagenteile, die gesamte Elektrik sowie die Fundamente und der Turm der WEA, der in der Regel aus Stahl, Kupfer, Aluminium und Beton besteht. Selbst für die zumeist aus Faserverbundstoffen bestehenden Rotorblätter gibt es mittlerweile vielversprechende Recyclinglösungen – sodass auch sie, genau wie die Rümpfe von Booten, Flugzeugteile und Teile aus Autos, heute bereits in weiten Teilen dem Recycling zugeführt werden können.
Fazit: Um den Ausbau der Erneuerbaren zügig voranzutreiben, ist insbesondere das standorterhaltende Repowering ein ressourcenschonender Ansatz, damit an bereits etablierten Windstandorten noch mehr Ökostrom produziert werden kann als zuvor – und der Windkraftausbau weiter an Fahrt aufnimmt.
Auch enercity setzt auf Repowering
Gemeinsam mit den Partnern Green Wind und Alterric repowert enercity derzeit beispielsweise einen Windpark in Beeskow (Brandenburg). Die dortigen Windenergieanlagen sind schon 2003 errichtet worden. Die Technologie hat sich seither in vielerlei Hinsicht weiterentwickelt und die Leistungsfähigkeit fast verdreifacht: Die bisherigen sieben Anlagen haben einen Rotordurchmesser von 80 Metern und zwei Megawatt Nennleistung, die neuen Enercon-Anlagen vom Typ E-160 haben einen Rotordurchmesser von 160 Metern und leisten 5,56 Megawatt. Von ihnen werden am Standort insgesamt acht neue Anlagen realisiert, sechs davon gehören enercity. Der erwartete Ökostromertrag liegt im Jahr bei rund 85 Millionen Kilowattstunden und reicht für die Versorgung von rund 34.000 Haushalten. Durch aerodynamisch optimierte Rotorblätter sind die neuen Anlagen leiser, der größere Durchmesser erlaubt niedrigere Drehzahlen. Die bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung aktiviert die roten Signallichter nur dann, wenn sich in einem bestimmten Radius Flugzeuge nähern. So werden die Lichtemissionen im nächtlichen Landschaftsbild gemindert.
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