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Erneuerbare Energien

Wie heizt man mit Eis?

Gebäude, die mit Eis beheizt werden? Das klingt erst mal nach einem Widerspruch. Doch Eisspeicherheizungen nutzen tatsächlich gefrierendes Wasser – und das sogar fast CO2-neutral. Wir erklären, wie das funktioniert.
53
Prozent
mehr Wärmepumpen als im Vorjahr wurden 2022 in Deutschland verkauft.

Als Alternative zu Öl- und Gasheizungen setzen immer mehr Verbraucher auf Wärmepumpen. Laut des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) wurden allein im Jahr 2022 in Deutschland 236.000 Wärmepumpen verkauft und installiert – 53 Prozent mehr als im Vorjahr. Die nachhaltige Heiztechnik stößt vor allem deshalb auf so großes Interesse, weil sie kostenlos verfügbare, grüne Energie aus der Umwelt anzapft, die im Boden, in der Luft oder im Grundwasser steckt, und in nutzbare Wärme umwandelt. Das macht das Heizsystem nicht nur sehr umweltfreundlich, sondern auch besonders sparsam. Weitere Infos zur Funktionsweise von Wärmepumpen gibt es im Artikel „Grüne Heiztechnik: Wie funktioniert eine Wärmepumpe?“.

Wie funktioniert eine Eisspeicherheizung?

Neben den klassischen Wärmequellen Erdwärme, Luft und Grundwasser werden bei Wärmepumpen-Heizsystemen zunehmend auch alternative Wärmequellen eingesetzt, so etwa in Eisspeichern gefrierendes Wasser. Das Heizen mit Eis funktioniert dabei im Zusammenspiel dreier Komponenten, die in einem perfekt aufeinander abgestimmten System miteinander korrespondieren: Das Heizsystem besteht neben einer Wärmepumpe aus einem im Erdreich vergrabenen, mit Beton ummantelten Wassertank und einer erneuerbaren Wärmequelle, beispielsweise einem Solarluftkollektor auf dem Hausdach, der mithilfe von Solarkollektoren Sonnenenergie einfängt, und damit Luft erwärmt.

Um verstehen zu können, wie sich diese drei Anlagen zu einem effizienten Heizsystem vereinen, muss man zunächst einmal erklären, wieso Eisspeicherheizungen überhaupt mit gefrierendem Wasser heizen können. Möglich macht das ein einfaches physikalisches Prinzip: Wenn Wasser zu Eis gefriert, entsteht Kristallisationswärme. Dabei handelt es sich um Wärme, die sich bildet, wenn die sonst beweglichen Wassermoleküle des Wassers während des Gefrierprozesses erstarren – und dadurch Energie freisetzen. Aufgrund des Energieerhaltungssatzes ist die frei werdende Energie genauso groß wie die für das Schmelzen des Wassers aufzuwendende Energie. Die so aufkommenden Energiemengen sind beeindruckend hoch: Die beim Auftauen oder Gefrieren von jeweils einem Liter Eis beziehungsweise Wasser entstehende Wärme reicht aus, um einen Liter Wasser auf bis zu 80 Grad Celsius zu erwärmen.

Infografik: Wärmepumpe mit Eisspeicher

Was genau passiert im Inneren des Eisspeichers?

Genau hier kommt bei einer Eisspeicherheizung die mit dem unterirdischen Eisspeicher beziehungsweise Wassertank verbundene Wärmepumpe ins Spiel: Sie entzieht dem sich im unterirdischen Tank befindlichen Wasser die beim Wechsel seines Aggregatzustands von flüssig nach fest entstandene Kristallisationswärme. Und zwar mittels im Inneren des Eisspeichers verlaufenden Wärmetauscherleitungen, die mit einem frostsicheren Kältemittel gefüllt sind. Die gewonnene Wärme leitet die Wärmepumpe in das Gebäude, wo sie zum Beheizen der Räume genutzt wird. Im Verlauf des Prozesses gefriert das Wasser im Eisspeicher allmählich.

Dafür, dass die Temperaturbedingungen im Tank anschließend wieder ansteigen und das Wasser sich erneut verflüssigt, sorgt die erneuerbare Wärmequelle, etwa der auf dem Gebäudedach installierte Solarluftkollektor, der seine Energie sowohl aus der vorhandenen Lufttemperatur als auch aus der Sonnenkraft bezieht. Er erzeugt die Wärme, die benötigt wird, um das gefrorene Wasser wieder aufzutauen, und die den Eisspeicher somit regeneriert. Das geschieht, indem die von dem Solarluftkollektor generierte Wärme durch ein zweites Leitungssystem zurück in den Eisspeicher fließt, wodurch das Eis wieder taut.

Ist das Heizen mit Eis umweltfreundlich?

Dieser Kreislauf aus Gefrieren und Auftauen kann beliebig oft wiederholt werden. So entsteht kontinuierlich Wärme – und das mithilfe von gleich drei erneuerbaren Energiequellen: Umgebungswärme, Sonnenwärme und Erdwärme. Strom wird lediglich für den Betrieb der Wärmepumpe benötigt. Im Vergleich zu anderen Heizsystemen lassen sich so bis zu 50 Prozent Energie sparen. Gut für die Umwelt und das Portemonnaie des Hausbesitzers. Ein weiteres Plus der Eisspeicherheizung: Im Sommer kann sie auch zur Kühlung von Räumen eingesetzt werden. Das Heizsystem fungiert dann als kostengünstige und ebenfalls klimafreundliche Kältequelle.

Lohnt sich die Investition in eine Eisspeicherheizung?

Die Anschaffungskosten einer Eisspeicherheizung sind im Vergleich zu anderen Heizsystemen recht hoch. In der Regel muss man bei einem Einfamilienhaus je nach den bestehenden Gegebenheiten mit Investitionen in Höhe von 18.000 bis 36.000 Euro für alle Elemente – also für den Eisspeicher, die Wärmepumpe und den Solarluftkollektor – sowie deren Installation rechnen. Die Investition in eine Eisspeicherheizung amortisiert sich allerdings meist bereits nach sechs bis zehn Jahren. Schließlich ist der Betrieb des Heizungssystems sehr viel günstiger als der eines Systems, das fossile Energieträger verbrennt.

Können Bestandsimmobilien mit Eisspeicherheizungen nachgerüstet werden?

Unter bestimmten Voraussetzungen ist es durchaus möglich, Bestandsimmobilien mit Eisspeicherheizungen auszustatten. Die Nachrüstung einer Immobilie ist allerdings in den allermeisten Fällen extrem aufwendig. Das liegt vor allem an den Dimensionen des Tanks: Eisspeicher, die für die Beheizung eines Einfamilienhauses genutzt werden, sind etwa zehn bis 15 Kubikmeter groß und haben ein Fassungsvermögen von circa 15.000 Liter Eis. Bei Eisspeicherheizungen, die größere Gebäudekomplexe beheizen, sind die Tanks sogar wesentlich größer. In den allermeisten Fällen ist es bei privaten Grundstücken in dicht besiedelten Gebieten allein aus Platzgründen kaum möglich, einen derart riesigen Betonspeicher im Garten unterzubringen.

Für wen sind Eisspeicherheizungen besonders interessant?

Grundsätzlich ist das Heizsystem eher für all diejenigen, die neu bauen, interessant. Das können durchaus Einfamilienhäuser sein – noch effektiver aber sind Eisspeicherheizungen als klimaschonende Heizlösung für Neubaugebiete. Ähnlich wie bei der Versorgung ganzer Wohnquartiere mit Nah- oder Fernwärme können in diesem Fall gleich mehrere Haushalte den Eisspeicher als Wärmequelle für ihre Heizung zu nutzen. Für alle Gebäude einer Wohnsiedlung zusammen wird dann ein riesiger Eisspeicher angelegt, und alle Häuser werden an das System angeschlossen. Somit können Synergieeffekte verwendet werden.

Besonders interessant ist die Installation eines Eisspeichers, wenn im Sommer ein Kältebedarf vorhanden ist. Mit einem Eisspeicher kann eine natürliche Kälteversorgung realisiert werden, mit der gleichzeitig der Eisspeicher im Sommer regeneriert wird.

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Im Neubaugebiet „Grüner Garten“ in Osnabrück wird eine zentrale Wärmeerzeugungsanlage mit Eisspeicher und Solarluftkollektor künftig 126 private Wohneinheiten sowie ein Seniorenheim mit innovativer Wärme und Kälte versorgen.

Eine solche Quartierslösung setzt enercity contracting derzeit mit der ESO Immobiliengesellschaft in Osnabrück um. Dort soll eine zentrale Wärmeerzeugungsanlage mit Eisspeicher und Solarluftkollektor künftig 126 private Wohneinheiten sowie ein Seniorenheim im Neubaugebiet „Grüner Garten“ mit innovativer Wärme und Kälte versorgen. Dafür werden die dort bis 2027 entstehenden drei Mehrfamilien-, 29 Einfamilien- und Reihenhäuser und das Seniorenheim mittels eines etwa 780 Meter langen Nahwärmenetzes an eine Großwärmepumpe (150 kWth) mit einem circa 250 Kubikmeter großen Eisspeicher, an einen Brennwertkessel (240 kWth) und an ein Blockheizkraftwerk (50 kWel) mit Pufferspeicher angeschlossen. 32 dezentrale Brauchwasser-Wärmepumpen mit Pufferspeichern werden darüber hinaus in den Ein-, Reihen- und Mehrfamilienhäusern für die Trinkwarmwasserbereitung sorgen.

Allein um den Bedarf des Pflegeheims zu decken, in dem eine Fläche von 4191 Quadratmeter beheizt werden muss, wird die Anlage eine Wärmemenge von 270.000 kWh pro Jahr generieren. Dazu kommt eine Wärmemenge von jährlich 690.000 kWh, die für das Beheizen der insgesamt 12.200 Quadratmeter Wohnfläche der Ein-, Reihen- und Mehrfamilienhäuser notwendig ist. Die für das Wohnquartier produzierte Heizenergie wird dabei zu circa 75 Prozent aus erneuerbaren Energien generiert.

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13. März 2023
Klimaschutz
Heizen
Grüne Wärme

Text: Elena Rudolph. Fotos: Shutterstock.

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