Energy Harvesting: Nachhaltige Stromquelle der Zukunft?
Die alternative Stromerzeugung aus Bewegung, Vibrationen, Umgebungstemperatur oder anderen nachhaltigen Quellen bezeichnet man als Energy Harvesting (zu Deutsch: „Energie-Ernte“). Vieles davon mag zwar nach Zukunftsmusik klingen, aber einige dieser Methoden haben sich schon längst durchgesetzt: Photovoltaikanlagen etwa versorgen private und öffentliche Gebäude mit Strom. Und auch Windräder liefern grüne Energie, die sie aus der Umgebung „ernten“. Es gibt aber noch weitere Ansätze, an deren Massentauglichkeit die Forschung arbeitet. Besonders interessant sind dabei die Stromerzeugung durch Muskelkraft, Schweiß oder die thermoelektrische Energiegewinnung. Aber könnten sie tatsächlich in einigen Jahren die aktuellen Technologien zur Erzeugung von Ökostrom sinnvoll und effektiv ergänzen?
Drei Energy-Harvesting-Ideen und -Konzepte
Mit diesen drei innovativen Projekten wollen Wissenschaftler und Erfinder die nachhaltige Energiegewinnung auf die nächste Stufe heben:
Thermoelektrische Energiegewinnung
Das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) hat ein Modul entwickelt, das aus dem Temperaturunterschied zwischen warmen oder kalten Objekten und der Umgebung Energie generieren kann. Die sogenannte BlueTEG Pipe lässt sich beispielsweise an einem Rohr befestigen, durch das Abwärme geleitet wird. Beträgt der Temperaturunterschied zur Umgebung mindestens zwei Grad, kann es genug Energie produzieren, um sich autark mit Strom zu versorgen. Bisher lässt sich die von den BlueTEG Pipes gewonnene Energie zum Beispiel für Industriesensoren zur Überwachung von Maschinen und Anlagen, für Trackingsysteme oder Sensoren zur Gebäudeautomatisierung einsetzen.
Strom aus Muskelkraft
Im Fitnessstudio nicht nur etwas für den eigenen Körper tun, sondern auch Energiekosten und Emissionen senken: Dieses Ziel hat sich Jose Antonio Avina gesetzt – und es bereits 2016 erreicht. Er betreibt in Sacramento das erste energieeffiziente Sportstudio der USA. Mit insgesamt 15 Spinning-Rädern wird genug Strom produziert, damit das zweistöckige Gebäude inklusive der Geräte, Monitore und der sonstigen Ausstattung seinen Energieverbrauch selbst deckt. Avina zahlt monatlich nur noch die Grundgebühr seines Stromanbieters. Überschüssige Energie wird in einer speziell dafür entwickelten Anlage gespeichert und kann bei Bedarf genutzt werden.
Schweiß als Energiequelle
Neben Fitnessgeräten, die zur Stromerzeugung genutzt werden, könnte auch menschlicher Schweiß eine Energiequelle der Zukunft sein. Ein Team der University of California hat eine Bio-Brennstoffzelle entwickelt, die diesen in Strom umwandelt. Der Ansatz ist nicht neu: Bereits vor einigen Jahren haben Wissenschaftler eine entsprechende Technologie vorgestellt. Diese hatte jedoch den Nachteil, dass eine große Menge Schweiß benötigt wurde und die Stromausbeute sehr gering ausfiel. Das ist bei dem neuen Modell anders: Die kleine Brennstoffzelle wird lediglich an der Fingerkuppe befestigt und wandelt die Lactate aus dem Handschweiß in Energie um. Innerhalb von zehn Stunden können so 400 Millijoule Strom erzeugt werden. Das reicht aus, um ein kleines Display zu betreiben. Bis damit Wearables oder Smartphones geladen werden können, dauert es allerdings noch. Ist die Brennstoffzelle aber erst mal serienreif, ließe sie sich beispielsweise in Handschuhe einbauen und könnte dort nachhaltig Strom produzieren.
Kann Energy Harvesting unseren Strombedarf decken?
Noch sind die meisten Konzepte zur alternativen Stromerzeugung nicht so ausgereift, dass sie unseren alltäglichen Stromverbrauch flächendeckend kompensieren könnten. Aber wie das Beispiel des energieeffizienten Fitnessstudios zeigt, gibt es bereits Lösungen, die in Einzelfällen durchaus funktionieren. Nichtsdestoweniger sind Wasser-, Wind- und Solarenergie derzeit noch die effektivsten Methoden zur nachhaltigen Energiegewinnung. In Zukunft könnten wir jedoch durchaus auf anderen Wegen selber Strom erzeugen und unser Portfolio der regenerativen Energiequellen mit spannenden neuen Technologien ergänzen.
Text: Annika Schmitz. Fotos: Shutterstock (2), Fraunhofer IIS / Kurt Fuchs, © University of California San Diego.
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