Straßenlaternen: Alleskönner für die Smart City
Anfangs konnte man mit dem Handy nur telefonieren, heute hält man mit einem Smartphone einen Hochleistungscomputer in der Hand, mit dem man unter anderem Zugriff auf seine E-Mails hat, Bild-, Video- und Tonaufnahmen erstellen, versenden und abspielen, im Internet surfen und navigieren kann. Auch die Straßenlaternen der Zukunft werden multifunktional sein. Noch gehen sie abends bei Dunkelheit an und mit dem aufziehenden Tageslicht wieder aus oder werden – wie in Hannover – von zehn Uhr abends bis fünf Uhr in der Frühe gedimmt. Diese konventionelle Beleuchtung wird aber bald der Vergangenheit angehören. Ein erster Schritt in Richtung „smarte Straßenbeleuchtung“ ist die Beleuchtung nach Bedarf.
Beleuchtung nach Bedarf
Man stelle sich eine Straße in einer reinen Wohngegend vor: Am späten Abend sind dort nur sehr wenige Menschen unterwegs. Wozu also die ganze Nacht das Licht brennen lassen? In Zukunft werden Laternen deshalb nur angehen, wenn jemand auf der Straße geht. „Mitlaufendes Licht“ heißt das bei enercity. An der Graft in Hannover gibt es schon ein Pilotprojekt mit zehn dafür ausgerüsteten Straßenlaternen. Sie gehen nur dann an, wenn ein Passant vorbeikommt und den Bewegungsmelder auslöst. Im Weitergehen wird der Fußgänger vom jeweils nächsten Sensor erfasst, und die nächste Laterne geht an. Biegt der Passant um die Ecke, gehen die Lichter nach einer Weile wieder aus. „Man kann das Licht damit quasi vor sich hertreiben“, sagt Thomas Hoffmann, Product Master Kundenlösungen Energieeffizienz und mit einer Erfahrung von 27 Jahren ein ausgewiesener Beleuchtungsexperte bei enercity.
Das bedarfsgerechte Licht funktioniert nicht nur bei Spaziergängern: Da die Sensoren auch Geschwindigkeiten messen können, bietet sich die Technik ebenfalls bei Fahrrädern und sogar bei Autos an. Je nach gemessener Schnelligkeit könnten sich dann gleich mehrere Laternen anschalten. Licht ist bei den mit Bewegungsmeldern ausgestatteten Laternen also immer dann verfügbar, wenn man es braucht. Zu allen anderen Zeiten wird es auf einen Schlummer-Modus heruntergeregelt. Dadurch spart man nicht nur viel Strom ein, es nützt auch der Natur. Tiere und Pflanzen leiden nämlich darunter, dass es in der Stadt nie dunkel ist. Mit intelligenten Straßenlaternen lässt sich die sogenannte Lichtverschmutzung deutlich verringern.
Die intelligente Sensorik kann auch zur Verbesserung der Sicherheit auf der Straße eingesetzt werden. Bei einem Verkehrsunfall ist es beispielsweise denkbar, dass künftig die Straßenbeleuchtung maximal hochgefahren wird, damit die Rettungskräfte besser arbeiten können. Thomas Hoffmann: „Einige Städte wie Köln, Bremen und Berlin experimentieren überdies auch mit Sensoren in oder an Straßenlaternen, die Geräusche aufnehmen und weiterleiten.“ In Duisburg ist man sogar noch einen Schritt weiter: Dort sind smarte Straßenlaternen mit einem Audiosensor ausgestattet, der auf besondere Geräusche reagiert. Entwickelt sich ein Streit oder bricht zum Beispiel eine Glasscheibe, wird dies sofort in eine Warnmeldung umgewandelt. Diese Warnmeldung soll künftig direkt an die Ordnungsbehörden gemeldet werden, sodass Ordnungsdienst oder Polizei schnell eingreifen können.
Technische Voraussetzung für all dies ist neben einer intelligenten Sensorik ein zuverlässiges Funknetzwerk. Mittlerweile hat sich hier die sogenannte LoRaWAN-Technologie durchgesetzt. „LoRaWAN“ steht für „Long Range Wide Area Network“. „Der große Vorteil von LoRaWAN ist es, dass man mit einem sehr geringen Einsatz von Leistung sehr große Entfernungen überwinden kann. Wir können also mit relativ wenigen Antennen ein großes Gebiet abdecken“, erklärt Aleksander Simonovski, Projektleiter im Bereich Intelligente Technologien bei enercity. Die Funktechnologie ermöglicht zudem auch die Fernwartung der Straßenlaternen, was nicht nur Kosten senkt, sondern auch der Umwelt zugutekommt, weil das Wartungspersonal auf Kontrollfahrten verzichten kann.
Thomas KiwusAbteilungsleiter Kundenlösungen Energieeffizienz bei enercity„In zehn Jahren wird die Straßenlaterne mehr sein als ein Mast mit einer Leuchte. Sie wird Aufgaben erfüllen, die für die Bürger und Bürgerinnen wichtig und nützlich sind.“
Multifunktional und energieeffizient
Die Straßenlaterne der Zukunft kann aber noch viel mehr. Man wird zum Beispiel an ihr sein E-Auto aufladen können. Schon heute sind einige „LAD-ternen“ in Hannover mit sogenannten Laderucksäcken bestückt, zum Beispiel an der Lister Straße, am Jungfernplan und in der Tieckstraße. Das Laden an ihnen dauert zwar länger als an herkömmlichen Ladepunkten, weil ihre Ladeleistung gering ist. Aber während der Arbeitszeit über Tag oder in der Nähe der Wohnung nachts spielt Zeit keine große Rolle. Und man hat gleich noch einen Parkplatz dazu. Denkbar ist es auch, Straßenlaternen als Tragesystem für Mobilfunkantennen zu nutzen – zum Beispiel für den neuen 5G-Standard, der für das autonome Fahren wichtig sein wird. Denn dabei müssen große Datenmengen über eine engmaschige Infrastruktur geschickt werden. Es kommt also auf möglichst geringe Antennenabstände an. Thomas Kiwus, Abteilungsleiter Kundenlösungen bei enercity, ist sicher: „In zehn Jahren wird die Straßenlaterne mehr sein als ein Mast mit einer Leuchte. Sie wird eine Datenquelle und eine Informationsquelle sein. Sie wird Aufgaben erfüllen, die für die Bürger und Bürgerinnen wichtig und nützlich sind.“
Die Straßenlaterne der Zukunft wird also multifunktional sein. Und darüber hinaus höchst energieeffizient. Vieles auf dem Weg dahin ist schon angestoßen. Die Umrüstung der deutschlandweit rund neun Millionen Laternen auf stromsparende LED-Leuchten ist in vollem Gange. In Hannover sind bereits etwa 40 Prozent der 53.000 Laternen auf die energiesparende LED-Technik umgestellt. Das bedarfsgerechte Licht wird zu weiteren Einsparungen führen. In Zukunft werden Straßenlaternen auch die E-Mobilität unterstützen und so dabei helfen, CO₂-Emissionen zu verringern. Fest steht in jedem Fall schon heute: In der Smart City wird die Straßenlaterneeine zentrale Rolle spielen.
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