Aussicht Hannover
Hannovers Kohleausstieg

Biomethan-Blockheizkraftwerke für die grüne Fernwärme

enercity verfolgt das Ziel, bis 2040 vollständig klimaneutral zu werden. Ein großer Meilenstein rückt aktuell näher: Das Abschalten des Kohlekraftwerks in Hannover. Um den Weg dafür zu ebnen, spielen zwei in 2024 in Betrieb gehende Biomethan-Blockheizkraftwerke eine entscheidende Rolle – und das sowohl für die Fernwärme- als auch für die Stromerzeugung. Warum? Das beantwortet Niklas Wehbring, Abteilungsleiter für das Strategische Assetmanagement von enercity.

Herr Wehbring, Blockheizkraftwerke sind keine neue Technologie, sie gibt es schon seit Jahrzehnten. Man findet sie im kleinen Maßstab in Heizungskellern von Mehrfamilienhäusern und als Quartierslösung. Wie können diese Anlagen wichtig für den Kohleausstieg von enercity sein? 

enercity arbeitet derzeit in Hannover an insgesamt bis zu 14 erneuerbaren Kraftwerken und Anlagen, die das Kohlekraftwerk in Hannover-Stöcken bis 2027 ersetzen sollen. Wir setzen dabei auf verschiedene Technologien, um klimafreundliche Wärme für Hannover zu erzeugen. Zwei dieser Anlagen sind Blockheizkraftwerke (BHKW), die mit Biomethan betrieben werden. Sie sind besonders effizient und klimaneutral in der Energieerzeugung. Ihr größter Trumpf ist aber ihre hohe Flexibilität. Im Zusammenspiel aller Anlagen erfüllen sie damit eine wichtige Funktion – und tragen zur weiterhin sicheren Versorgung bei. 

Habe ich richtig verstanden, dass die Biomethan-BHKW sowohl Wärme als auch Strom erzeugen können?

Ja, genau. Moderne Blockheizkraftwerke sind wahre Effizienzmeister. Ein Biomethan-BHKW verfeuert veredeltes Biogas, sogenanntes Biomethan, und erzeugt dadurch sowohl Strom als auch Wärme. Dabei wird das Gas in einem Motor verbrannt, der einen Generator antreibt und die Energie in Strom wandelt. Bei diesem Prozess entsteht logischerweise auch Wärme, die wir gleichzeitig für Heizzwecke nutzen können und ins Fernwärmenetz einspeisen. Durch dieses Prinzip – Kraft-Wärme-Kopplung genannt – liegt der Gesamtwirkungsgrad unserer Anlagen bei über 90 Prozent. 

Moderne Blockheizkraftwerke sind wahre Effizienzmeister.

Niklas WehbringAbteilungsleiter strategisches Assetmanagement

Sie haben betont, dass die BHKW besonders flexibel im Einsatz wären? Was meinen Sie damit, und warum ist das wichtig? 

Da wir die Motoren der BHKW und deren Leistung sehr flexibel und kurzfristig steuern können, bieten sie uns die Möglichkeit, das Zusammenspiel aller für die Wärmeerzeugung vorgesehenen Anlagen besonders bedarfsgerecht auszulegen. Um es etwas anschaulicher zu machen: Es gibt Kraftwerke, bei denen kann man nicht einfach den Schalter umlegen und beliebig die Leistung regulieren. Das gilt etwa für die Klärschlammverwertungsanlage in Hannover-Lahe oder auch für den Einsatz von Tiefengeothermie, also Erdwärme. Diese Anlagen geben ihre Leistung sehr gleichmäßig ab und eignen sich deshalb prima für die Grundlast, also für ebenjenen Wärmebedarf, den wir tagtäglich für Warmwasser und – vereinfacht gesagt – für gewöhnliches deutsches Schmuddelwetter haben. Es wäre betriebswirtschaftlich, technisch und ökologisch wenig sinnvoll, die Leistung solcher grundlastfähigen Anlagen so zu dimensionieren, dass sie auch an den wenigen sehr kalten Wintertagen ausreichend Wärme erzeugen würden. Denn dann wären sie für den Großteil des Jahres schlicht überdimensioniert. Für die sogenannten Spitzenlastzeiten eignen sich hochflexible Anlagen wie die Biomethan-BHKW viel besser. Wir gehen davon aus, dass unsere BHKW etwa 1200 Stunden im Jahr Strom und grüne Wärme produzieren werden. Dies entspricht 50 Tagen, allerdings nicht am Stück, sondern flexibel über das Jahr verteilt. Das Tolle an den BHKW: Sie sind kurzfristig einsatzbereit und hervorragend steuerbar. Und das gilt im Übrigen auch für die Stromerzeugung: Die neuen Biomethan-BHKW können die volatile Stromerzeugung durch Erneuerbare abfedern und somit deren weitere Integration fördern.  

enercity_Einweihung_Herrenhausen_964A1727-web
Oberbürgermeister Belit Onay, enercity-Aufsichtsratsvorsitzende Anja Ritschel und enercity-Vorstand Prof. Dr. Marc Hansmann an einem der fünf Motoren des neuen Biomethan-BHKW in Hannover-Herrenhausen.

Das bedeutet also, dass die verschiedenen Anlagen, die enercity als Ersatz für das Kohlekraftwerk umsetzt, ein Gesamtsystem bilden? 

Genau, so stellen wir für jede Situation stets eine effiziente und klimafreundliche bzw. klimaneutrale Energieversorgung sicher. Wir setzen auf einen ausgewogenen Mix aus Grundlast-, Mittellast und Spitzenlastanlagen im Wärmeerzeugungsportfolio. Und noch ein Aspekt kommt hinzu: Durch die Nutzung verschiedener Energieträger und Technologien senken wir erheblich unsere Abhängigkeit von bestimmten Rohstoffen. Damit leisten wir einen Beitrag zur stärkeren Energiesouveränität des Landes. Außerdem steigern wir die Versorgungssicherheit. Angenommen, eine unserer künftigen Anlagen würde aus technischen Gründen nur eingeschränkt zur Verfügung stehen, können andere einspringen. 

Noch mal zurück zum Biomethan-BHWK: Wenn in einem Motor etwas verbrannt wird, denkt man nicht unbedingt an das Stichwort „klimafreundlich“? 

Doch, denn Biomethan ist ein erneuerbarer Energieträger. Er wird aus Biogas aufbereitet. Biogas wiederum wird aus organischen Abfällen und Reststoffen gewonnen. Durch die Nutzung von Biomethan anstelle fossiler Brennstoffe wie Erdgas können die CO₂-Emissionen erheblich reduziert werden. Darüber hinaus ist der CO₂-Kreislauf bei Biomethan geschlossen, da das bei der Verbrennung freigesetzte CO₂ zuvor von den Pflanzen während ihres Wachstums aufgenommen wurde. Deshalb ist ein Biomethan-BHKW klimaneutral. 

Ist denn ausreichend Biomethan verfügbar? 

Wir haben langfristige Abnahmeverträge für Biomethan geschlossen und stellen so die Versorgung mit grüner Wärme in Hannover sicher. Landwirte und kommunale Betreiber können von der Erzeugung und Nutzung profitieren, so werden Arbeitsplätze in ländlichen Regionen gesichert. enercity betreibt zudem selbst bundesweit elf Aufbereitungsanlagen für Biogas, unter anderem in Ronnenberg (Region Hannover) und dem südniedersächsischen Giesen (Landkreis Hildesheim). 

29. Juli 2024
Hannover
Grüne Wärme

Text: Roman Kirschbauer. Fotos: Getty Images, Franz Bischof.

Verwandte Artikel

Diese Themen könnten Sie auch interessieren.

Die Preise für Fernwärme werden durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst. Ihre Berechnung erfolgt nach einem besonderen Prinzip, das von Stadt zu Stadt variiert.

Heizen
Grüne Wärme

Keine andere deutsche Großstadt verfügt über mehr Ladepunkte. Hannovers engagierter Ausbau der Ladeinfrastruktur bietet beste Voraussetzungen für die Zukunft der E-Mobilität.

Elektromobilität
Klimaschutz
Hannover

enercity bringt die Energiewende mitten in die Stadt. Auch fürs private Eigenheim bietet der Energiedienstleister attraktive und günstige PV-Lösungen an.

Solar
Hannover

Newsletter abonnieren

Sie möchten regelmäßig über innovative Technologien und spannende Fakten rund um die Themen Energie und Klimaschutz informiert werden? Dann abonnieren Sie den Newsletter unseres Energiemagazins #positiveenergie!

Jetzt anmelden

Sie haben Fragen, Lob oder Kritik?

Schreiben Sie uns!
E-Mail an die Redaktion