„Gerade die Musik verbindet die Menschen“
Frau Erstmann, Sie sind promovierte Historikerin und haben eine eigene PR-Agentur. Wie sind Sie zum Jazz Club Hannover gekommen?
Das war ein Zufall. Für meine Promotion über das Image Hannovers habe ich 2015 auch über ehemalige Image-Akteure in der Stadt recherchiert. Dabei bin ich auf den Nachlass von Mike Gehrke gestoßen, der ab den frühen 1970er-Jahren für Hannover als Stadtimagepfleger tätig war und über Jahrzehnte Vorsitzender des Jazz Clubs war. Neben dem Stadtarchiv Hannover hatte der Jazz Club tatsächlich noch Hunderte von Akten, die nicht nur die Arbeit Gehrkes, sondern auch die Geschichte des Jazz Clubs dokumentierten. So kam mein erster Kontakt zum Jazz Club zustande.
Wie haben Sie als junge Frau Ihren Platz in der eher männlich geprägten Welt des Jazz gefunden?
Durch meine intensive Beschäftigung mit der Geschichte des Jazz Clubs lag es auf der Hand, zum 50-jährigen Bestehen eine Jubiläumspublikation zu schreiben. Außerdem habe ich mich um das Marketing, die PR und die Einrichtung der Social-Media-Kanäle des Jazz Clubs gekümmert, dabei sind wir immer näher zusammengewachsen. Dadurch bin ich auch immer weiter in die Jazz-Szene eingetaucht und 2017 in den Vorstand des Jazz Clubs gewählt worden.
Ihre Arbeit hat sich so positiv auf den Jazz Club ausgewirkt, dass der Vorstand Ihnen 2020 die Geschäftsführung übergab. Wie haben Sie sich in das Jazz-Programm einbringen können?
Derzeit bin ich die einzige Frau im Vorstand, das wird sich aber hoffentlich in Kürze ändern. Leider sind in der deutschen Jazz-Branche vergleichsweise wenig Frauen vertreten – sowohl administrativ als auch musikalisch. Deshalb liegt es mir am Herzen, mehr Weiblichkeit in der Jazz-Szene zu etablieren. Es gibt viele talentierte Jazzmusikerinnen, denen ich zu mehr Sichtbarkeit verhelfen möchte. Meine männlichen Kollegen sehen das genauso, und daher achten wir bei der Programmplanung darauf, die Diversität im Jazz auch tatsächlich zu leben.
Kultureinrichtungen mussten in den vergangenen Jahren pandemiebedingte Schließungen hinnehmen. Wie ist der Jazz Club damit zurechtgekommen?
Das war wirklich eine harte Zeit für uns, da wir auf unsere Eintrittsgelder angewiesen sind. Es war uns immer wichtig, Kultur im Rahmen der begrenzten Möglichkeiten stattfinden zu lassen. Allerdings haben wir noch im vergangenen Herbst eine deutliche Zurückhaltung des Publikums gespürt. Es brauchte einige Zeit, bis sich die Menschen wieder trauten, Veranstaltungen zu besuchen. Aber seit Januar 2023 haben wir überwiegend ausverkaufte Konzerte, und die lange vermisste Leichtigkeit kehrt zurück. Unsere Künstlerinnen und Künstler spielen wieder vor vollen Publikumsreihen.
Weil es die damaligen strengen Corona-Regeln nicht erlaubten, Konzerte live zu erleben, musste das Open-Air-Jazzfestival „enercity swinging hannover“ 2020 erst verschoben und dann ganz abgesagt werden. Dennoch mussten Jazzfans nicht ganz auf musikalischen Schwung verzichten: Fünf live übertragene #Sofakonzerte im Jazz Club Hannover verschönerten enercity-Kunden und Musikfreunden die Zeit rund um Weihnachten.
Wie hat sich im Laufe der Zeit das Programm im Jazz Club verändert?
Meine Kollegen und ich bieten ein sehr vielseitiges Programm von Free Jazz über Swing bis hin zu Soul, Funk oder Jazz-Hip-Hop. Dadurch haben wir auch ein neues und junges Publikum gewinnen können. Demnächst wollen wir die Reihe „Women in Jazz“ von 2022 wiederaufnehmen. Wir haben viele neue Ideen für den Jazz Club entwickelt, und inzwischen können wir die Früchte unserer Arbeit auch sehen.
Wie viel Zeit beansprucht Ihre ehrenamtliche Aufgabe im Jazz Club, und wie lässt sich das mit Ihrem Beruf kombinieren?
Das ist schon eine Herausforderung. Teilweise arbeite ich 30 Stunden die Woche oder sogar mehr als ehrenamtliche Vorsitzende des Jazz Clubs. Neben der Geschäftsführung und Organisation von Projekten vertrete ich den Jazz Club bei vielen öffentlichen Terminen und gegenüber unseren Partnern und Sponsoren. Wäre ich nicht selbstständig, könnte ich das in der zeitlichen Aufteilung gar nicht realisieren. Ich bin auch froh und dankbar, ein starkes Team um mich zu haben, das mich zum Beispiel bei der Organisation unseres jährlich stattfindenden Open-Air-Jazz-Festivals „enercity swinging hannover“ und der Jazz Night im HCC Kuppelsaal unterstützt.
Weshalb engagieren Sie sich so stark für den Jazz Club?
Hinter dem Jazz Club steht ein wunderbarer Verein, und die Teamarbeit gibt mir unglaublich viel, ebenso der Austausch mit der Kulturszene. Kultur ist wichtig für die Gesellschaft und fördert den Zusammenhalt, gerade die Musik verbindet die Menschen. Als Hannoveranerin ist es mir außerdem wichtig, diese starke Marke „Jazz Club“ für meine Heimatstadt zu erhalten und in die Zukunft zu führen. Und ich bin begeisterte Konzertbesucherin.
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