Strom allein ist nicht genug. Wer am Markt für Elektromobilität Erfolg haben will, muss seinen Kundinnen und Kunden auch Hardware, Software und Dienstleistungen anbieten. Bei enercity erhalten E-Mobilistinnen und E-Mobilisten alles aus einer Hand: dank kreativer Eigenlösungen und starker Partnerschaften.
Mit diesem Anrufer hatte Jan-Michael Schmid nicht gerechnet. Am Vortag hatte der Unternehmer der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung ein Interview gegeben. Thema: sein Bauprojekt in der Großen Düwelstraße. 54 moderne Eigentumswohnungen, dazu eine Tiefgarage mit 81 Stellplätzen. Schmid machte seinem Ärger Luft: Gerade mal vier Stellplätze könnten mit einem Ladepunkt für E-Autos ausgestattet werden – mehr halte das Stromnetz nicht aus. „So wird das nichts mit der E-Mobilität“, sagte Schmid dem Redakteur. Am nächsten Tag klingelte Schmids Telefon. Ein Mitarbeiter von enercity meldete sich: „Wir haben Ihr Interview gelesen. Ich glaube, wir können Ihnen helfen.“
Vier Monate später, im Dezember 2019, hat enercity 25 Ladestationen in der Tiefgarage des Mehrfamilienhauses errichtet. Für Jan Trense, Leiter Dienstleistungen bei enercity, ein Musterbeispiel dafür, wie ein fortschrittliches Energieunternehmen agieren sollte. „Heute können wir Kunden nur noch gewinnen, indem wir sie vollumfänglich versorgen“, sagt Trense. „Bezogen auf Elektromobilität bedeutet das: Wir liefern den Strom, wir liefern die Ladeinfrastruktur – und vielleicht beraten wir Kundinnen und Kunden sogar bei der Entscheidung, welches Auto am besten für sie geeignet ist.“
Es ist eine neue Rolle, die enercity ausfüllt. Seit Mitte 2017 existiert im Unternehmen eine eigene Abteilung für E-Mobilität. Und oft fühlt sich die Arbeit hier tatsächlich an wie in einem Start-up. Für sein Team gehöre es zum Alltag, Dinge auszuprobieren, erzählt Trense – wie eigentlich im ganzen E-Mobilitätsmarkt. „Wir überlegen: Was brauchen wir, um die Bedürfnisse der Menschen optimal zu bedienen? Und was davon können wir selbst herstellen?“
Starke Partnerschaft für urbane Ladelösungen
So entwickelte man anfangs sogar einen Prototyp für eine Ladesäule. Schnell war klar, dass man diese nicht selbst produzieren würde. Die Infrastruktur dafür zu schaffen wäre zu aufwendig gewesen. „Aber wir haben viele Erfahrungen gesammelt“, sagt Trense. „Anschließend wussten wir genau, was wir brauchen.“ Mit diesem Wissen suchte enercity nach Herstellern mit dem passenden Know-how – und schlüpfte in die Rolle des Kooperationspartners.
Jan TrenseBereichsleiter Dienstleistungen, enercity„Unsere Kundinnen und Kunden erwarten, dass wir sie vollumfänglich versorgen. Das heißt: Wir liefern den Strom, die Ladeinfrastruktur – und vielleicht beraten wir sie sogar bei der Entscheidung, welches Auto am besten für sie geeignet ist.“
Seit 2017 entwickelt nun das Unternehmen wallbe die Ladesäulen für enercity. Dabei beschränkt enercity sich nicht darauf, die Produkte des Paderborner E-Mobility-Spezialisten abzunehmen, sondern hat sich mit 49,4 Prozent an dem rund 50 Mitarbeitende zählenden Betrieb beteiligt. „Als Kunde kann man sich lediglich beschweren, wenn etwas nicht funktioniert“, erklärt Trense. „Als Kooperationspartner macht man Verbesserungsvorschläge und sucht gemeinsam nach Lösungen.“ wallbe wiederum profitiert vom Kundenfeedback und den Daten, die enercity beim Betrieb der Ladesäulen einholt. Denn die inzwischen 21 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der enercity-Abteilung E-Mobilität kümmern sich um Vertrieb und Planung der elektrischen Anlagen, Aufbau der Ladeinfrastruktur, Wartung, Nutzerverwaltung und Ladestromabrechnung. „Dabei kundenspezifische Lösungen zu entwickeln ist unsere Kernkompetenz“, berichtet Trense.
Meilenstein Mehrfamilienhaus
Auch Lastmanagement gehört zur Expertise, die enercity in die Kooperation einbringt. Denn zum effizienten Einsatz von E-Mobilität gehört, dass mehrere Elektroautos an einem Ort laden können, ohne eine Überlastung des Hausanschlusses zu verursachen. enercity hat zu diesem Zweck eine Software entwickelt, die das unterschiedliche Ladeverhalten verschiedener E-Mobile und Hybridautos aussteuert und die Stromzufuhr an die Anzahl der ladenden Fahrzeuge anpasst.
Dieses spezielle Lastmanagement kam auch im Mehrfamilienhaus in der Großen Düwelstraße in Hannover ins Spiel. Denn dank intelligenter Aussteuerung können hier bis zu 25 Parteien ihre E-Autos zeitgleich laden, ohne dass es zu einer Überlastung der Energieversorgung im Gebäudekomplex kommt. „Je mehr Fahrzeuge Strom benötigen, desto mehr wird die Einzelladeleistung gedrosselt“, erklärt Dr. Tillmann Groth, Lösungsentwickler Elektromobilität bei enercity.
Jan-Michael Schmid Schmid Immobilien GmbH„Wir merken deutlich, dass die Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur ein immer wichtigeres Kriterium für Wohnungsinteressenten wird.“
„Das ist im Bereich der privaten Ladeinfrastruktur kein Problem: Die meisten Menschen laden ihr Auto auf dem eigenen Parkplatz ohnehin über Nacht. Der Ladevorgang darf also ruhig einige Stunden dauern, das schont auch die Batterie.“ „Selbst in dem seltenen Fall, dass alle Bewohner in der Großen Düwelstraße gleichzeitig laden, haben sie immer noch eine Ladeleistung von sechs Kilowatt“, ergänzt seine Kollegin Jacqueline Ramlau. „Zum Vergleich: Manche Hybride haben überhaupt nur eine Ladeleistung von 3,7 Kilowatt.“
Private Ladelösungen als Schlüssel für die urbane Mobilitätswende
Mit Projekten wie dem in der Großen Düwelstraße kommt enercity einem dringenden Kundenbedürfnis nach: Der Großteil der Deutschen würde Elektrofahrzeuge am liebsten zu Hause laden. Doch längst nicht jeder besitzt ein Eigenheim und die dazugehörige Garage, um die nötige Infrastruktur selbst zu installieren. Auch der Bund hat erkannt, dass es hier eine Lücke zu schließen gilt. Nach dem „Masterplan Ladeinfrastruktur“ des Verkehrsministeriums sollen 2020 bis zu 50 Millionen Euro in den Ausbau der privaten Ladeinfrastruktur in Deutschland fließen. enercity macht derweil vor, wie der Ausbau in der Praxis gelingen kann: Im Dialog mit Interessierten, Bauträgern, Eigentümergemeinschaften und der Wohnungswirtschaft entsteht für immer mehr Mieterinnen und Mieter sowie Wohnungsbesitzerinnen und -besitzer die Option auf eine eigene Ladestation – ein Schlüsselfaktor für das Gelingen der urbanen Mobilitätswende.
„Wir merken deutlich, dass die Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur ein immer wichtigeres Kriterium für Wohnungsinteressenten wird,“ bestätigt Investor Jan-Michael Schmid die steigende Nachfrage am Markt. Umso mehr freut den Bauträger das Engagement des hannoverschen Energiedienstleisters: „Die Zusammenarbeit lief wirklich unkompliziert. Die künftigen Eigentümerinnen und Eigentümer konnten sich mit ihren Fragen direkt an enercity wenden.“ Auch bei den Förderanträgen, durch die Kundinnen und Kunden rund 900 Euro der Anschaffungskosten einsparen konnten, stand das Unternehmen beratend zur Seite. Und mit den an der Decke der Tiefgarage installierten Aufhängungen für die Ladeboxen konstruierte das Team sogar eine maßgeschneiderte Lösung für die Architektur vor Ort.
Dr. Tillmann GrothLösungsentwickler Elektromobilität, enercity„Wir lernen stetig mehr über das Ladeverhalten unserer Kunden – und passen unsere Lösungen immer weiter an ihre Bedürfnisse an.“
2.200 Einwohnerinnen und Einwohner gestalten den Ausbau der E-Mobilität in Hannover mit
Wie bedeutend neben privaten Lademöglichkeiten auch der Ausbau des öffentlichen Ladenetzes ist, gerät bei all diesen Anstrengungen nicht in Vergessenheit. Mit der Vergabe der Konzession zum Aufbau einer städtischen Ladeinfrastruktur hat die Landeshauptstadt Hannover enercity schon 2018 zum Partner für die Mobilitätswende gemacht. Insgesamt 600 öffentliche, mit umweltfreundlichem Naturstrom betriebene Ladepunkte wird enercity auftragsgemäß bis Ende 2020 errichten, davon 480 im Stadtgebiet von Hannover und 120 im Umland.
Wo genau die neuen E-Ladesäulen am dringendsten gebraucht werden, weiß niemand besser als die späteren Nutzerinnen und Nutzer selbst. Daher rief das Unternehmen im letzten Jahr in einer bundesweit einmaligen Aktion die Bürgerschaft der Stadt Hannover zur Beteiligung auf: Zwischen März und Juni 2019 nahmen mehr als 2.200 Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt an der „enercity Vorfahrer-Challenge“ teil und schlugen über 1.300 mögliche neue Standorte für Elektroladesäulen vor. „Bei der Ausschreibung für die Konzession hat enercity vor allem mit dem Konzept gepunktet, die Einwohnerinnen und Einwohner bei der Standortfindung für die Ladesäulen einzubinden“, erklärt Sabine Tegtmeyer-Dette, Erste Stadträtin und Dezernentin für Wirtschaft und Umwelt der Stadt Hannover. „Und das ist sehr gut gelungen.“
Zu den lokalen Kooperationspartnern gehört auch der örtliche Nahverkehrsbetreiber ÜSTRA. Der kommunale Mobilitätsdienstleister stellt seinen Betrieb schrittweise vollständig auf Elektrobusse um. enercity baut mit dem Unternehmen ein Schnellladesäulennetz auf, das an die kapazitätsstarke Logistik der E-Bus-Ladestationen anknüpft. „Für die Stadt ist das günstig – und wir können schneller unsere Ladeinfrastruktur ausweiten“, sagt Trense.
Ein weiteres Highlight lässt sich auf dem Parkplatz der Finca & Bar Celona in Hannover-Marienwerder besichtigen: Zusammen mit dem Betreiber des Restaurants hat enercity hier – in unmittelbarer Nähe zur Autobahn A2 – vier hochmoderne Schnellladesäulen vom Typ EnerCharge EC350 installiert. Dank 350 Kilowatt Leistung ermöglichen es diese DC-Ladesäulen, ein E-Fahrzeug auch innerhalb kürzester Zeit, beispielsweise während der Durchreise durch Hannover, vollständig aufzuladen.
„Durch hervorragende Lösungen lassen Kunden sich für E-Mobilität begeistern“
Um beim Ausbau der Ladeinfrastruktur weiter Tempo machen zu können, hat enercity auch im Produktionsbereich die Kooperationen ausgeweitet. Seit Herbst 2019 bilden enercity, wallbe und Weidmüller Mobility Concepts, eine Tochter des Spezialisten für elektrische Verbindungstechnik und Elektronik Weidmüller, ein Dreiergespann. „wallbe fokussiert sich zukünftig auf sein Backend, mit dem die Ladeinfrastruktur überwacht und gesteuert werden kann. Weidmüller ist der Partner, der eine industrielle Fertigung in hohen Stückzahlen möglich macht“, fasst Jan Trense die Vorteile dieser Allianz zusammen.
Sabine Tegtmeyer-DetteErste Stadträtin und Dezernentin für Wirtschaft und Umwelt der Stadt Hannover„Bei der Ausschreibung für die Konzession hat enercity mit dem Konzept gepunktet, die Einwohnerinnen und Einwohner bei der Standortfindung für die Ladesäulen einzubinden. Und das ist sehr gut gelungen.“
Der E-Mobility-Markt birgt also weiterhin großes Potenzial. Das gilt auch für die Große Düwelstraße mit ihren 25 Ladepunkten. Dr. Tillmann Groth und Jacqueline Ramlau sind gespannt darauf, wie genau die Bewohnerinnen und Bewohner das Angebot nutzen werden. „Beim Monitoring des Ladeverhaltens im Wohnbereich steht die Branche noch am Anfang“, sagt Groth. „Hier können wir viel lernen – und unsere Lösungen Schritt für Schritt immer weiter an die Kundenbedürfnisse anpassen.“
Hier liegt auch für Bereichsleiter Jan Trense die größte Chance. „Wir sind absolut sicher, dass E-Mobilität die Zukunft ist“, betont er. „Trotzdem können wir die Kunden nicht in diese Richtung stoßen, sondern müssen sie durch hervorragende Lösungen für unseren Weg begeistern.“ Und wenn nötig, ruft enercity sie dazu eben einfach mal an.
Text: Claus Hornung; Abbildungen: enercity AG (2), Bilderraum Fotostudio Hannover, Ibrahim Ot (3), ÜSTRA / Martin Bargiel, enercity / Ina Richter, Landeshauptstadt Hannover Wirtschafts- und Umweltdezernat